Der Neubau des Klinikums Mitte in Bremen hat den Verantwortlichen schon viel Kopfzerbrechen bereitet. Nun zeichnet sich ab, dass aus der Inbetriebnahme eines ersten Teils in 2017 nichts wird.
Die Terminplanung für die Inbetriebnahme des Neubaus am Klinikum Mitte kommt immer stärker ins Rutschen. Ursprünglich war geplant, einen Teil des Komplexes Ende des Jahres in Betrieb zu nehmen. Bis Ende 2018 sollten dann die übrigen medizinischen Einheiten in den Neubau übersiedeln.
Angesichts der bisher aufgelaufenen baulichen Verzögerungen scheint man sich beim städtischen Krankenhausverbund Gesundheit Nord (Geno) von einem solchen Umzug in Etappen zu verabschieden. Realistisch erscheint nun ein Gesamtumzug Ende 2018.
Das geht aus einem noch vertraulichen Papier für den Controllingausschuss der Bürgerschaft hervor, der die kommunalen Unternehmen und Beteiligungen überwacht. Man prüfe, „mit welchen alternativen Lösungen die bisherigen Umzugspläne modifiziert werden können“, heißt es dort.
Diverse Altbauten zusammenfassen
In dem Gebäudekomplex mit der etwas irreführenden Bezeichnung Teilersatzneubau (TEN) soll das gesamte medizinische Angebot des Klinikums Mitte zusammengeführt werden. Bisher sind die Behandlungskapazitäten über diverse Altbauten auf dem weitläufigen Gelände an der St.-Jürgen-Straße verstreut.
Der Neubau mit Front zur Bismarckstraße fasst sie zusammen, er soll erheblich rationellere Abläufe ermöglichen. Im Planungsstadium des Projektes war mal von einer Fertigstellung im Jahr 2014 die Rede. Davon hat man sich inzwischen weit entfernt.
Nicht jeden Rückschlag müssen sich Planer der Geno zurechnen lassen. So setzte beispielsweise im Sommer 2016 ein Starkregen 2500 Quadratmeter Neubaufläche unter Wasser. Trockenbauwände, Estrich und Leitungen mussten aufwendig herausgerissen und neu errichtet beziehungsweise verlegt werden.
Jeder Tag Verspätung kostet Geld
Zuletzt hemmten Probleme mit den Lüftungskanälen den Fortgang des Bauvorhabens. Entgegen den Empfehlungen der Geno und des Generalplaners hatte das beauftragte Klimatechnik-Unternehmen ein mutmaßlich problematisches Dichtungsmittel in die Lüftungsschächte eingebracht.
Im ersten Quartal war deshalb einige Zeit unklar, ob die Lüftungskanäle sogar wieder ausgebaut werden müssen – ein Albtraum für die Verantwortlichen. Der Sachverhalt sei inzwischen geprüft, wie es in dem Papier für den Controllingausschuss heißt. Demnach kann von einem solch radikalen Rückbau abgesehen werden. Die Rede ist lediglich von einer „Sanierung des Dichtungsmittels“.
Die verspätete Fertigstellung des Neubaus ist nicht einfach nur ein Ärgernis, das man nach dem Umzug im kommenden Jahr abhaken könnte. Sie wirkt sich auch ganz konkret finanziell aus. Die Finanzplanung für das Projekt stellt nämlich sehr stark auf Effizienzgewinne durch rationellere Abläufe am künftigen Klinikum Mitte ab.
Das Projekt wurde immer teurer
Sie werden auf rund 450.000 Euro pro Monat beziffert. Anders gesagt: Jeder Monat Verzögerung kostet die Gesundheit Nord bares Geld. Die Baukosten sind ihr über die Jahre ohnehin davongelaufen. In seinen Anfängen mit knapp 200 Millionen Euro kalkuliert, wurde das Projekt über die Jahre immer teurer.
Mehrere Nachfinanzierungen beschäftigten auch die Haushälter des Parlaments, weil entsprechende Bürgschaften erforderlich wurden. 2016 hieß es zuletzt: Mit 301 Millionen Euro kommen wir klar. Doch auch diese Zahl ist inzwischen Makulatur.
„Mit Stand März 2017 ist das Kostenbudget des TEN-Projekts in der Prognose auf die Gesamtfertigstellung ausgeschöpft und somit als nicht mehr realistisch zu bewerten.“ So steht es unverblümt in der Vorlage für den Controllingausschuss.
Risikobericht IV
Mit einigem Unbehagen erwarten derzeit die Gesundheits- und auch die Finanzpolitiker der Bürgerschaft den sogenannten Risikobericht IV, in dem die voraussichtlichen weiteren Überschreitungen des Finanzrahmens zusammengefasst werden sollen.
Dem Vernehmen nach befindet sich das Zahlenwerk derzeit in der Endabstimmung, es soll Mitte des Monats dem Aufsichtsrat der Geno vorgestellt werden. Dann schlägt die Stunde der Wahrheit. Insider erwarten einen nochmaligen deutlichen Kostensprung auf 350 Millionen Euro oder sogar noch mehr.
Eine solche Zusatzbelastung könnte die Gesundheit Nord kaum abfedern. Ihre Führung müsste dann wohl bei Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) anklopfen. Schon jetzt wird hinter den Kulissen an Modellen für Zwischenfinanzierungen gearbeitet, damit es auf der Baustelle überhaupt weitergehen kann.
Bisheriges Baubudget ist kreditfinanziert
Das hört sich leichter an, als es ist. Denn das bisherige Baubudget von 301,1 Millionen Euro ist kreditfinanziert. Über neue Darlehen müsste mit den Banken also erst einmal verhandelt werden, und auch die notwendigen Bürgschaften der öffentlichen Hand sind kein Selbstläufer. Die Bürgerschaft müsste darüber beraten und beschließen. Das kann ein paar Monate dauern.
Unterdessen sind die Planungen für die 2016 beschlossene Aufstockung des Neubaukomplexes um eine Station für Risikoschwangere und eine neonatologische Abteilung abgeschlossen. Die Bauanträge sind eingereicht, erste Ausschreibungen gestartet. Mit den Rohbauarbeiten soll im Sommer begonnen werden, die Inbetriebnahme ist für das zweite Quartal 2019 vorgesehen.