Ach, Bremerhaven. Gerade noch wurde der Neuanfang der Lloyd-Werft mit der Veredelung von Kreuzfahrtschiffen als ein Aufbruchsignal gewertet; nun sieht es so aus, als würde doch nichts daraus.
Das ist traurig für die Werft und ihre Mitarbeiter, das ist betrüblich für den Standort, und besonders bedauerlich ist es für eine Stadt wie Bremerhaven. Man sollte meinen, dass diese Kommune in der Vergangenheit schon genug gebeutelt wurde, nicht immer ganz ohne ihr Zutun, vor allem aber ausgelöst durch unvorhersehbare Entwicklungen. Die größten Katastrophen liegen schon Jahrzehnte zurück, wirken jedoch bis heute nach.
Bremerhaven ist benachteiligt, durch die Geschichte seit der Hafengründung im Jahr 1827, durch seine jüngere Vergangenheit, aber auch durch seinen Status im Bundesland: Allein durch die Größe stehen stets etwa 110 000 gegen 550 000 gute Argumente, in der Bremischen Bürgerschaft 15 gegen 68. Daraus Entscheidungen abzuleiten, mag mathematisch korrekt sein, kommunalpolitisch ist es das nicht. Das Land Bremen ist der Stadt Bremerhaven nicht weniger verpflichtet als der Stadt Bremen.
Grundsätzlich wird das niemand in Bremen verneinen. Ganz praktisch muss man aber kein Bremerhavener sein, um daran Zweifel zu hegen: Stadt und Land Bremen sind kaum auseinanderzudividieren. Bremen sitzt damit grundsätzlich am längeren Hebel. Das kann nur zu Komplikationen führen und zu Misstrauen, gesundem im besten Fall. Die charmante Kuriosität Zwei-Städte-Staat hat auch gänzlich uncharmante Seiten. Sie fördert Gegeneinander, wo Miteinander hilfreicher wäre.
Konkurrenz unter Geschwistern ist ganz natürlich, wohl auch bei Kommunen. Für die kleineren ist esschwerer, neben den größeren zu bestehen. Bremerhaven hat Rücksichtnahme und Geduld verdient, umso mehr, da es im Unterschied zu Geschwistern aus Fleisch und Blut niemals aus der Position der kleineren Schwester herauswachsen kann. silke.hellwig@weser-kurier.de