Es liegt auf der Hand, dass in Bremen darüber nachgedacht wird, Pendlerströme aufs Wasser zu verlegen. Schließlich ist das Selbstverständnis der Stadt maritim geprägt. Schiffe gehören zum Stadtbild. Über die Weser fahren sogar Seeschiffe bis in die städtischen Häfen. Warum also nicht auch Pendlerfähren?
Was auf den ersten Blick plausibel erscheint, hält einer genaueren Betrachtung nicht stand. Jedenfalls nicht in einem größer angelegten Längsverkehr. Was zwischen Pier 2, Molenturm und Lankenauer Höft noch funktionieren mag, wird Richtung Bremer Norden reine Utopie. Neben horrenden Kosten und Personalmangel gibt es eine weitere kostspielige Herausforderung: die Infrastruktur an Land. In Vegesack gibt es zwar einen Anleger. Sogar idyllisch gelegen im Stadtgarten bei der Signalstation. Eine Bushaltestelle ist allerdings weit und breit nicht in Sicht, und auch der Pendlerparkplatz ist mehrere Hundert Meter entfernt – am Bahnhof.
Von dort fahren Züge in 19 Minuten in die Innenstadt. Schneller wird eine Fähre nicht sein. In Blumenthal gibt es einen kleinen Anleger an der Bahrsplate, sogar mit akzeptablem ÖPNV-Anschluss und nahe gelegenem Parkplatz. Der geplante Berufsschulcampus auf dem Gelände der ehemaligen Wollkämmerei als Fahrgastmagnet befindet sich allerdings nicht in fußläufiger Entfernung. Dort müsste also auch ein größerer Anleger neu eingerichtet werden.
Mit dem Thema Pendlerfähre sollten im Bremer Norden schon im vergangenen Bürgerschaftswahlkampf Punkte gesammelt werden. Damals setzte Carsten Meyer-Heder von der CDU diesen Akzent. Nun sind es die Linken, die ihr verkehrspolitisches Profil in Vegesack und Blumenthal schärfen wollen. Eine Debatte um Pendlerfähren in die Innenstadt ist allerdings der falsche Zugang und allenfalls touristisch interessant.
Im ÖPNV gibt es schon jetzt ausreichend Herausforderungen. Sei es eine engere Taktung für die Bewohner des Bremer Nordens oder ein besser abgestimmter Busfahrplan. Wen es trotzdem argumentativ aufs Wasser zieht, sollte die bestehenden Querverbindungen der Fähren Bremen-Stedingen zwischen dem Bremer Norden und der Wesermarsch in den Blick nehmen. Diese in den ÖPNV einzubinden würde jeden Tag rund 5000 Kraftfahrzeugführern und etwa 11.500 Personen echte Entlastung bringen.