Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Weserfähre ÖPNV auf der Weser

Für 2,85 Euro mit der Fähre im Zehn-Minuten-Takt von Farge in die Bremer Innenstadt? Möglich wäre es. Gutachter haben jetzt ausgerechnet, was eine Weserfährverbindung Bremen kosten würde...
28.10.2022, 19:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
ÖPNV auf der Weser
Von Patricia Brandt

Wenn Bremen den öffentlichen Personennahverkehr auf die Weser bringt und seinen Norden nicht abhängt, wird das teuer. Konkret: Eine umweltfreundliche Schnellfähre, die zum ÖPNV-Tarif alle zehn Minuten zwischen Innenstadt und Farge pendelt, würde jährlich rund 45 Millionen Euro kosten. Zu diesem Ergebnis kommen Gutachter in einer bisher nicht veröffentlichten Wirtschaftlichkeitsberechnung, die unserer Zeitung vorliegt.

Wie berichtet, sollen künftig regelmäßige Fährfahrten Bremens Stadtteile verbinden und dabei die Straßen entlasten. Gutachter prüften im Auftrag der Stadt verschiedene Varianten. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt favorisierte bisher die weitreichendste Variante C+, die den Bremer Norden mit abdeckt. „Für mich hat es keinen Sinn, nur Gröpelingen, Woltmershausen und die Innenstadt zu verbinden. Wir wollen möglichst viele Leute von der Straße holen“, sagte sie im Gespräch mit der NORDDEUTSCHEN. Nun liegen mit dem dritten Teil der Machbarkeitsstudie erstmals Angaben zu Kosten, Wirtschaftlichkeit und Betriebsorganisation eines solchen Vorhabens vor.  

Was hat die Studie untersucht?

Die Studie der HTC Hanseatic Transport Consultancy und der Interlink GmbH hat die Potenziale für einen Fährverkehr auf der Weser ermittelt. Drei Varianten sind übrig: Variante B verbindet das Einkaufszentrum Waterfront mit der Überseestadt sowie dem Lankenauer Höft. Variante C bietet einen Weserlängsverkehr im zentralen Bereich Bremens zwischen Weserstadion und Waterfront. Und Variante C+ integriert den Bremer Norden: In Farge, Blumenthal und Vegesack bestehen dann jeweils Umsteigemöglichkeiten zu den bestehenden Weserfähren nach Niedersachsen. Außerdem schließt C+ mit den Anlegern Mittelsbüren und Hasenbüren auch freizeitrelevante Grünflächen an.

Zu welchem Ergebnis kommen die Gutachter?

Die Analyse ergab, dass Variante B, die die Waterfront, Überseestadt und Lankenauer Höft verbindet, problemlos umgesetzt werden könnte. Hier halten die Fachleute den Einsatz von elektrisch angetriebenen Fähren für möglich. Die anderen beiden Varianten seien aufgrund der erforderlichen höheren Geschwindigkeiten und der Anforderung möglichst energieeffizienter Schiffe aktuell schwierig umsetzbar. Besonders gelte dies für die Bremen-Nord einschließende Variante C+ und den langen Fahrtweg, heißt es in der Studie. Würden die Schiffe im Zehn-Minuten-Takt verkehren, müsste Bremen für Variante B vier Schiffe anschaffen. Zum Vergleich: Für die Nordbremer Variante C+ wären es bis zu 27 Schiffe. 

Um die Passfähigkeit des neuen Angebotes risikoarm testen zu können, empfehlen die Gutachter eine stufenweise Umsetzung. Soll heißen: Zunächst würden die Schiffe die Waterfront und Überseestadt (Variante B) anfahren. In einer zweiten Umsetzungsphase könnte der Streckenverlauf auf weitere Bereiche im Bremer Zentrum ausgedehnt  (Variante C) und schließlich in einer dritten Phase auch der Bremer Norden einbezogen werden. Die Gutachter schlagen hier wegen der großen finanziellen Unterdeckung „eine Teilintegration des Bremer Nordens“ vor: Die Rede ist von „vereinzelten Fahrten etwa in den Hauptverkehrszeiten oder zu touristisch relevanten Zeiten am Wochenende in den Bremer Norden“. Empfohlen wird gegebenenfalls ein geteilter Betrieb. Überprüft werden könnte etwa der Einsatz einer Schnellfähre zwischen Farge/Blumenthal und der Waterfront oder ein ausschließlicher Betrieb in Farge-Blumenthal und Vegesack.

Welche Kosten entstehen?

Grundsätzlich gehen die Gutachter nicht davon aus, dass ein täglicher und ÖPNV-angenäherter Betrieb eines Fährverkehrs auf der Weser allein aus Fahrgeldeinnahmen umsetzbar ist. Ein Einzelticket würde 2,85 Euro pro Fahrt kosten. Ein Preisaufschlag für den Fährbetrieb sei denkbar. Am moderatesten fällt die Deckungslücke zwischen Erlösen und Kosten bei der Verbindung Waterfront und Überseestadt mit etwa 3,5 Millionen Euro pro Jahr aus. Die teuerste Lösung stellt laut Studie unter anderem wegen der Beschaffung von bis zu 27 Schiffen die Anbindung des Bremer Nordens mit Kosten von rund 45 Millionen Euro jährlich dar. Offen ist dabei die Frage nach möglichen Liegeplätzen für die mehr als 26 Schiffe. Die Fachleute gehen zudem davon aus, dass bei der großen Lösung inklusive Bremen-Nord ein Personalbedarf in Höhe von bis zu 128 Vollzeitkräften besteht.

Wie bewertet das Wirtschaftsressort die Studie?

"Unser Ziel bleibt es, eine möglichst umfassende Fähranbindung des Bremer Nordens an die Innenstadt zu schaffen, um sie für viele Menschen attraktiv zu machen. Dafür gilt es auch die Möglichkeit einer Schnellfähre zu prüfen, die nur zwischen dem Bremer Norden und ein oder zwei ausgewählten Haltepunkten in der Innenstadt pendelt“, sagt Sprecher Christoph Sonnenberg. Zunächst werde die Studie jedoch politisch beraten. „Der nächste Schritt ist jetzt, den Deputationen für Wirtschaft und Arbeit sowie für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie Anfang 2023 vorzulegen."

Wer soll die Fähre betreiben?

Die Gutachter sehen mehrere Optionen für ein Betreibermodell: die „eigene Reederei“, die Einbindung in ein bestehendes Verkehrsunternehmen wie die BSAG oder die Auftragsvergabe im Rahmen einer europaweiten öffentlichen Vergabe.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)