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Wirtschaftsdeputation Kosten für Tunnelbau verdoppeln sich

Vegesack. Der Bau des umstrittenen Sedanplatz-Tunnels wird doppelt so teuer wie geplant. Die Kosten für das Projekt belaufen sich inzwischen auf 753.000 Euro. Das geht aus nichtöffentlichen Unterlagen für die Wirtschaftsdeputation hervor.
11.10.2011, 05:00 Uhr
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Kosten für Tunnelbau verdoppeln sich
Von Patricia Brandt

Vegesack. Der Bau des umstrittenen Sedanplatz-Tunnels wird doppelt so teuer wie geplant. Die Kosten für das Projekt belaufen sich inzwischen auf 753.000 Euro. Das geht aus nichtöffentlichen Unterlagen für die Wirtschaftsdeputation hervor, die am morgigen Mittwoch über dieses Thema berät. Der Bund der Steuerzahler prangert die Planung als unseriös an.

17 Meter misst die Röhre in der Länge, fünf Meter in der Breite, die in diesen Tagen und Wochen unter dem Sedanplatz entsteht und die dortige Tiefgarage mit dem Netto-Markt verbinden soll. Der Bau begann mit zweimonatiger Verspätung im Sommer. Hansewasser, von der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) mit den vorbereitenden Kanalbauarbeiten beauftragt, arbeitete sich mühsam in der Fußgängerzone voran. Weil die unterirdische Verbindung den Kanal durchtrennt, mussten auf einer Länge von 125 Metern unter anderem Regenwasserrohre tiefer gelegt werden.

Im November, heißt es jetzt in dem Papier der Behörde, soll die Anbindung fertiggestellt sein. In den Unterlagen wird noch einmal betont, wie notwendig die Grabearbeiten in Vegesack waren. Zum einen habe Netto eine direkte Anbindung an die Tiefgarage als Ersatz für die auf dem Grundstück nicht zu schaffenden Parkplätze gefordert. Zum anderen habe der Durchgang die Attraktivität des Untergeschosses im Stadthaus gesteigert, "was sich im Hinblick auf die Realisierung der Bowlingbahn positiv ausgewirkt hat". Bekanntlich hat es die WFB nach monatelangem Ringen geschafft, einen Betreiber für die Bahn im Keller des Stadthauses zu finden. Eröffnung soll dieses Jahr sein.

Doch nun laufen den Verantwortlichen die Kosten davon. "Es zeichnen sich Mehraufwendungen bei den Leitungsverlegearbeiten sowie bei den Kosten für das Bauwerk ab, die von den Planern in der Erarbeitung ihrer Studie nicht erkannt worden waren", heißt es in dem neuen Papier für die Deputierten. Das Projekt schlägt jetzt mit 753.000 Euro zu Buche. Ermittelt waren ursprünglich 371.000 Euro.

Gleich fünf Ursachen führt das zuständige Wirtschaftsressort an, alle haben mit Problemen bei der Bauausführung zu tun. Erstens habe es in dem Bereich der Baustelle deutlich mehr Hausanschlussleitungen gegeben, als in der Planung vorgesehen war. Zweitens habe es statische Anforderungen gegeben, die ebenfalls bei der Planung nicht bekannt waren. Drittens hätten die Arbeiter nicht dokumentierte Versorgungsleitungen freilegen müssen, viertens habe es umfangreichere Maßnahmen zur "Baufeldfreimachung" gegeben als in der Planung berücksichtigt waren. Und fünftens konnte die Baugrube unter dem Vordach des Stadthauses offensichtlich nicht mit dem geplanten Verbau gesichert werden: "Es musste eine Spritzbetonkonstruktion hergestellt werden."

Das Bauvorhaben hat von Anfang an viele Gegner gehabt. Kontrahentin war Karoline Linnert, oberste Haushälterin Bremens. Im Juli hatte sie dem WESER-KURIER gesagt, sie sei "die Erste, die sich darüber freuen würde, wenn wir den Tunnel nicht bauen müssten". Mit ihr gingen die FDP, allen voran der Vegesacker FDP-Beiratspolitiker Rainer W. Buchholz, und der Grünen-Wirtschaftsexperte Frank Willmann im Sommer auf Distanz. Ein Leser unserer Zeitung hatte das Projekt zu dem Zeitpunkt als Steuerverschwendung angeprangert. Er war nicht der Einzige, der meinte, dass hier unnötig Geld vergraben würde. Bei der Bremischen Bürgerschaft wurde sogar eine Petition gegen das Projekt eingereicht. Der Petent befürchtete eine Kostensteigerung. Doch er wurde abgewiesen.

Das Projekt wurde - mit Rückendeckung des Bürgermeisters - durchgesetzt. Leute aus der Baubranche lästerten, dass die mit dem Bau beauftragte Firma aus Westfalen noch Geld mitbringen müsste. Dass jetzt tatsächlich die Kosten explodieren, rügt auch der Bund der Steuerzahler. "Das macht mich sprachlos", sagte gestern auf Anfrage unserer Zeitung Bernhard Zentgraf, Vorstandsmitglied des Steuerzahlerbundes.

"Das spricht nicht gerade für eine seriöse, vorausschauende Planung", moniert Zentgraf. Er kündigte an, prüfen zu wollen, wie stichhaltig die Begründung der Mehrkosten sei. Denn bei Projekten wie diesem stelle sich die Frage, ob die Kosten bewusst niedrig gehalten worden sind, um das Bauvorhaben politisch durchzusetzen. "Vielleicht steckt auch eine Täuschungsabsicht dahinter."

Der Bund der Steuerzahler hatte den Tunnelbau bekanntlich bereits im vergangenen Jahr in sein Schwarzbuch aufgenommen. Es handelt sich dabei um eine Liste staatlicher Projekte, bei denen aus Sicht des Verbands Steuergelder verplempert werden. "Der Nutzen der unterirdischen Fußgängerverbindung hält sich in Grenzen, zumal Besucher das Stadthaus leicht über einen Tiefgaragen-Aufzug und dann ebenerdig über den Sedanplatz erreichen können", hieß es damals.

Für die Wirtschaftsbehörde bleibt das Projekt indes wirtschaftlich. Das geht jedenfalls aus den Unterlagen für die morgige Sitzung hervor. Das Ressort sieht den Tunnel als Teilprojekt des Stadthausbaus. Anders formuliert: Die WFB soll die Mehrkosten mit den Mieteinnahmen des neuen Stadthauses ausgleichen. "Die derzeitige Mieterlöserwartung beträgt 745000 Euro pro Jahr, sodass sich eine Rendite in Höhe von 6,503 Prozent ergibt", heißt es im Papier. Wobei auch beim 9,7 Millionen Euro teuren Stadthausbau - auch das ist aus den Deputiertenunterlagen herauszulesen - einiges schiefgelaufen ist. Bei der Bauabnahme wurde demnach festgestellt, dass 80 Prozent der Fläche "deutliche Unebenheiten aufweisen".

Derzeit steht deshalb ein ganzes Geschoss leer, bereits eingezogene Mieter müssen voraussichtlich innerhalb des Hauses während der Sanierungsarbeiten umziehen. Diese Kosten sind derzeit aber noch nicht abzusehen, weil kein Sanierungskonzept vorliegt: Dazu heißt es: "Sie sind daher in der Gesamtinvestitionsrechnung noch nicht berücksichtigt."

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