Zum Ende der Premiere von „Die Blonde, die Brünette & die Rache der Rothaarigen“ am Freitag im Bremer Kriminal-Theater nimmt Schauspielerin Andrea zum Felde die letzte ihrer vielen Perücke ab und atmet erst einmal ganz tief durch. Mehr als 90 Minuten hat sie völlig alleine die Bühne bespielt, ist in insgesamt sieben sehr textlastige Rollen geschlüpft, hat Zwiebeln geschnitten, mit Autos gespielt, einen Hund gestreichelt und Bier getrunken. Dies vorweg: eine großartige schauspielerische Leistung.
Doch worum geht es eigentlich in der Geschichte des australischen Dramatikers Robert Hewett (Übersetzung: Susanne Felicitas Wolf), die 2004 uraufgeführt wurde und anschließend in zahlreichen Ländern adaptiert wurde? Die zentrale Figur ist die rothaarige Rhonda, die nach 17,5 Jahren Hals über Kopf von ihrem Mann Graham verlassen wird und dann durch ihre brünette Freundin Lynette von Grahams neuer Flamme, einer blonden russischen Schmuckverkäuferin, erfährt. Kurz danach ist Rhonda im Gefängnis und jemand ist tot.
Was genau passiert ist, erzählt das Stück häppchenweise aus den verschiedenen Perspektiven der Betroffenen: der Rothaarigen, der Blonden, der Brünetten, des Ehemanns und weiteren Figuren aus dem Umfeld des Opfers. Jeder hat seine ganz eigene Sichtweise auf das, was geschehen ist, jeder geht anders mit der Tragödie um – die einen versöhnlich, die anderen verzweifelt und an wieder anderen prallen die Ereignisse ab, wie an einem Stein – sie sind ja schließlich überhaupt nicht schuld an allem.
Andrea zum Felde mimt jede einzelne Figur authentisch und spritzig, sodass es eine Freude ist, ihr zuzusehen. Die Darstellung des betrunkenen Grahams, der zum Ende der Pause vermeintlich noch schnell gegen eine Pflanze neben der Bühne pinkelt, gelingt ihr genauso wie die Darstellung eines völlig überforderten Vierjährigen, der seine Mama vermisst, oder die der alten Dame, die mit Zitronenbonbons, Klatschblättern und ihrem Dackel Jodi darauf wartet, dass der Pflegedienst kommt.
Minimalistisches Bühnenbild
Die Kriminal-Theater-Leiter Perdita Krämer und Ralf Knapp inszenieren das Ganze in einem minimalistischen Bühnenbild (Knapp/Heiko Windrath), das eigentlich nur mit einem Tisch, einer Art Rahmung im Vordergrund und zwei im Laufe des Abends verschiedenfarbig beleuchteten Hügeln im hinteren Teil der Bühne auskommt, die zum Felde als schnelle Garderobe dienen.
Dass es bei der Premiere zu Beginn des Stückes ein paar kleinere technische Probleme gab, sodass es einige Minuten später losgehen konnte als geplant, war schnell vergessen. Ein wenig störend war allerdings die Musik, die zum Ende des Schauspiels von einer nahe gelegenen Veranstaltung ins Theater hinauf drang und in stilleren Szenen die Atmosphäre sprengte.
„Die Blonde, die Brünette & die Rache der Rothaarigen“ ist ein Stück über subjektive Wahrheiten, über den Umgang mit Krisen, über Schuld, Loyalität und die Abwesenheit eben dieser. Es ist auch eine Geschichte darüber, wie die Tat einer Person eine Reihe von Ereignissen auslösen kann, die schwerwiegende, lebensverändernde Folgen für gleich mehrere Menschen haben. Ein gelungener Theaterabend, für den vor allem die grandiose Darstellerin verantwortlich zeichnet.