Die Abwicklung der Kulturkirche St. Stephani in ihrer jetzigen Form zum Jahresende 2023 ist vom Kirchentag, dem Parlament der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), gekippt worden. Wegen der anhaltenden Zahl an Kirchenaustritten sieht sich die BEK gezwungen, bis 2030 rund 30 Prozent ihres Etats von jährlich 58,5 Millionen Euro einzusparen. Ganz oben auf der Streichliste: die seit 2007 bestehende Kulturkirche St. Stephani, deren komplette Renovierung 2022 abgeschlossen wurde. Auf dem Kirchentag in der Messehalle 4 debattierten die Delegierten ausführlich über die Schließungsempfehlung des Kirchenausschusses und votierten schließlich gegen die Aufgabe des Arbeitsbereichs Kulturkirche.
Irritiert zeigten sich in ihren Redebeiträgen einige Delegierte, dass die Empfehlung ausgerechnet jetzt erfolge, nachdem sich im Januar ein Förderverein gegründet hatte. Zumal die Kosten für den Unterhalt des Gebäudes sowie Personalkosten weiterliefen, da es keine Entlassungen geben solle, wie Bernd Kuschnerus, Schriftführer der BEK, zuvor versichert hatte.
Neuer Förderverein
Die Gründerväter des Fördervereins, Wolfgang Arenhövel und Reinhardt Wever, vormals in exponierter Stellung beim Hanseatischen Oberlandesgericht Bremen tätig, reichten eine Protestnote beim Kirchentag ein, in dem sie ihr "höchstes Befremden" über die Schließungspläne kundtaten. Die Kulturkirche habe immer eine schwarze Null erwirtschaftet und in der Corona-Krise dazu noch Rücklagen bilden können, das betonte auch Pastorin Diemut Meyer, Leiterin und Geschäftsführerin der Kulturkirche in ihrer Verteidigungsrede. Friedrich Scherrer, pensionierter Pastor an St. Stephani, übergab dem Präsidium über 1.600 Unterschriften, die innerhalb weniger Tage im Rahmen einer Petition für die Kulturkirche zusammengekommen sind. Scherrer ist einer von über 200 Ehrenamtlichen, die für die Kulturkirche tätig sind und die die Petition auf den Weg gebracht hatten. Auch die Regisseurin und Schauspielerin Maria von Bismarck verteidigte in einem leidenschaftlichen Redebeitrag Arbeit, Funktion und die "Einmaligkeit der Kulturkirche". Hier seien Künstler von Weltrang aufgetreten. Sie würdigte Diemut Meyer als eine "Intendantin, die ihr Mehrspartenhaus hervorragend aufgestellt" habe und die mit ihrer Arbeit für den interkulturellen Dialog eintrete.
Leuchtturmprojekt für Bremen
Genereller Tenor bei allen Verteidigern der Kulturkirche: Sie sei ein Leuchtturmprojekt für die Bremische Evangelische Kirche mit Ausstrahlung weit über die Grenzen Bremens hinaus. Ein Highlight, das auch junge, kirchenferne Menschen anziehe. Meyer betonte, dass nicht zuletzt deswegen Menschen in zweistelliger Anzahl wieder in die Kirche eingetreten seien. Offenbar überzeugend für die Delegierten des Kirchentages. Nun soll die Kulturkirche gemeinsam mit dem Förderverein ein Konzept unter anderem zur Akquise weiterer Finanzmittel, in Form von Spenden und Drittmitteln, erarbeiten. Zeit ist dabei der entscheidende Faktor. Edda Bosse, Präsidentin der BEK, wies indes den Vorwurf zurück, die Empfehlung zur Schließung sei überraschend und ohne Beteiligung erfolgt. Es habe viele Beratungsprozesse gegeben, alle Zahlen seien transparent, sagte sie. Bereits 2019 sei der Etat der Kulturkirche, der bei geschätzten 510.000 Euro pro Jahr liegt, von einer Sparrunde ausgenommen worden.