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Die Bremer Filmproduktion Kinescope All die Farben des Erzählens

Seit 2015 gibt des die Bremer Produktionsfirma Kinescope Film. Rund 150 Projekte haben Geschäftsführer Matthias Greving und sein Team seitdem umgesetzt. Ein neues Projekt läuft nun auf der Berlinale.
09.02.2022, 13:28 Uhr
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All die Farben des Erzählens
Von Alexandra Knief

Treppe hoch, Treppe wieder runter, links durch eine Tür, hier um die Ecke, dann da um die Ecke, nächste Tür, nächste Treppe. Wie selbstverständlich läuft Matthias Greving durch die Räume seiner Produktionsfirma Kinescope Film in der Bremer Böttcherstraße. Vorbei an hübsch gerahmten Plakaten zu Filmen, an denen er und sein Team in irgendeiner Form beteiligt waren. Vorbei an einem alten Scheinwerfer, den Radio Bremen ihm mal geschenkt hat, vorbei an zwei alten Kinosesseln, die - so erzählt Greving - noch aus der allerersten Bestuhlung der Bremer Schauburg stammen.

Für Mitarbeiter ist all das wahrscheinlich nicht viel mehr als hübsche Deko. Für alle anderen sind die Objekte auch ein wichtiger Anhaltspunkt, sich in den Büroräumen nicht komplett zu verlaufen. Diese erstrecken sich immerhin über drei Gebäude, mehr als 600 Quadratmeter und über vier verschiedene Etagen. 

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Das war nicht immer so. Als Greving seine Produktionsfirma 2015 gründete, bezogen er und seine zwei Mitarbeiter erst einmal rund 120 Quadratmeter in der Böttcherstraße. Mit der Zeit stieg die Anzahl der Büroräume ebenso wie die der Mitarbeiter. 22 Menschen arbeiten mittlerweile in Grevings Firma, die neben dem Hauptsitz in Bremen noch drei Tochterunternehmen in Hamburg, Köln und Frankfurt hat. "In den vergangenen sechseinhalb Jahren haben wir knapp 150 Projekte umgesetzt", sagt Greving nicht ganz ohne Stolz. Gedreht hat das Team dafür nicht nur in Bremen, sondern in der ganzen Welt.

Ein Projekt, der Film "Gewalten", feiert am 12. Februar auf der Berlinale Premiere. "Der Film ist vor allem im Harz entstanden, mit einem großen Team aus Bremen, Hamburg und Niedersachsen", sagt Greving. Und er habe eine Förderung im siebenstelligen Bereich erhalten. "So ein Projekt hat dann natürlich auch viele Effekte auf Menschen und Wirtschaft in der Region." 

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Bis heute arbeitet die Produktionsfirma unabhängig und zählt laut Greving in diesem Bereich zu den größten Anbietern Deutschlands. Aber was gehört eigentlich alles zu den Aufgaben einer Filmproduktion? Laut Geschäftsführer beginnt alles mit einer Idee, und die wird in vielen Fällen vom Team selbst gemeinsam mit freien Autoren und Regisseuren entwickelt. Aber auch Projektideen, die nicht aus den eigenen Reihen stammen werden von Kinescope umgesetzt. "Wir suchen Geschichten, von denen wir denken, dass sie unbedingt erzählt werden müssen", so Greving. "Und wir haben uns den Spagat auferlegt, dabei stets anspruchsvoll und trotzdem kommerziell zu sein." 

Von der Idee bis zum fertigen Film

Haben Greving und sein Team eine Idee, die sie umsetzen wollen, wird erst einmal geplant: Man braucht ein Drehbuch, und es muss auch sonst alles für den Dreh - Team, Ort, Zeitplan - vorbereitet werden. Zudem ist es wichtig, festzulegen, wo der Film am Ende gezeigt werden soll. Und auch die Finanzierung eines Filmprojekts muss stehen, bevor richtig losgelegt werden kann. "Den richtigen Stoff, die richtigen Talente - mal junge, mal erfahrene Filmschaffende - und die notwendigen Unterstützer zu finden, das ist mein Job", sagt Greving. Erst danach geht es an den Dreh und an die anschließende Postproduktion mit dem Schnitt und allem, was dazugehört. Aktuell arbeitet Kinescope an rund 40 Projekten "und im Ideen-Pool liegen noch mindestens 100", so Greving. 

Kinescope produziert Inhalte sowohl fürs Fernsehen als auch fürs Kino und für Streaming-Anbieter. Eines der erfolgreichsten Projekte war "Die Hände meiner Mutter" von Florian Eichinger, ein Film über sexuellen Missbrauch, der 2016 beim Filmfest München Preise für Regie und Hauptdarsteller abräumte. Von 2016 bis 2018 berichtete das Team zudem für Sky Deutschland und UK live von den Bayreuther Festspielen. Das Format wurde 2018 für einen Grimme-Preis nominiert und ein Jahr später mit dem Bayrischen Fernsehpreis ausgezeichnet.

Produktionen für Netflix und Sky

2015 produzierte die Kölner Tochterfirma von Kinescope die Dokumentation "Sonita", über eine 18-jährige Afghanin, die gegen Zwangsverheiratung kämpft. Der Film gewann die beiden Hauptpreise beim Sundance Filmfestival und wurde daraufhin als eine der ersten deutschen Produktionen überhaupt von Netflix gekauft. Auf Sky läuft aktuell die vierteilige Serie "Schwarzer Schatten" über den Pfleger Niels Högel, der in Krankenhäusern in Oldenburg und Delmenhorst zahlreiche Menschen ermordet hat. 

Zwei Filme werden dieses Jahr noch ins Kino kommen: Die Dokumentation "Bolschoi" soll voraussichtlich im Herbst oder Winter auf der Leinwand und später auch auf Arte laufen. Ein Jahr lang drehte Grevings Team dafür exklusiv hinter den Kulissen des russischen Bolschoi-Theaters. Bereits am 12. Mai feiert die Doku-Fiktion "Heinrich Vogeler" Kinopremiere - ein Film, der anlässlich des 150. Geburtstages des Bremer Malers in diesem Jahr vor allem in Bremen, Worpswede und dem Umland gedreht wurde. Und um bei der Kunst zu bleiben: Gerade steckt Kinescope in der Vorproduktion eines internationalen Spielfilms über den Osnabrücker Maler Felix Nussbaum.

Das eine Traumprojekt? Das gibt es für Greving nicht. "Wenn es nur einen einzigen Traum gäbe, sollte man aufhören zu arbeiten", sagt er. Sein Antrieb ist es, immer neue Geschichten zu finden. "Es sind die vielen Farben des Erzählens, die ich am meisten schätze."

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