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Kinofilm über Heinrich Vogeler Mit der Maske in die Maske

Die Branche steht still. Die Dreharbeiten zum Kinofilm über Heinrich Vogeler, die zurzeit in Worpswede laufen, zählen zu den ersten nach der Corona-Unterbrechnung. Vieles ist anders geworden seitdem.
02.06.2020, 03:48 Uhr
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Von Carmen Jaspersen (Fotos) und Lars Fischer (Text)

Kunst erfordert Beharrlichkeit und Geduld. Das bekommen die Mitwirkenden am Kinofilm über Heinrich Vogeler, für den zurzeit in Worpswede gedreht wird, hautnah zu spüren. Nicht nur während der zweimonatigen Unterbrechungen der Arbeiten wegen Corona, sondern auch Tag für Tag am Set. Was später nur wenige Sekunden auf der Leinwand zu sehen sein wird, erfordert oft zahlreiche Anläufe. Immer wieder müssen Florian Lukas, bekannt unter anderem aus „Good Bye, Lenin!“, und Johann von Bülow am Barkenhoff-Teich entlang spazieren und sich streiten. Lukas verkörpert Vogeler, sein Kollege spielt den Dichter Rainer Maria Rilke, und beide diskutieren über die Kunst und das Leben.

Umringt von Beleuchtern, Kamera- und Tonleuten gehen sie immer wieder dieselbe kurze Strecke, nur ein Halbsatz Rilkes ist aus der Entfernung zu verstehen: „Märchenprinz in Worpswede“. Mal hängt der Mikrofongalgen im Baum fest, dann stimmt etwas mit der Kamera nicht. Irgendwann ist die Szene endlich im Kasten und es geht weiter zur berühmten Freitreppe vor dem Hauptgebäude. Dort kommen auch Anna Maria Mühe, die die Rolle der Martha Vogeler übernommen hat, und einige Komparsen dazu. Die Worpswederin Daniela Platz, Urenkelin des echten Vogelers, ist dabei; und Pearl, die Hündin, die nicht fehlen darf, weil die Filmleute die Szene nachstellen wollen, die zu Heinrich Vogelers berühmtesten Gemälde „Sommerabend“ führte.

Heinrich Vogeler und Paula Modersohn-Becker sind die Monolithen der Worpsweder Kunstgeschichte, die Figuren, die über den Ort hinaus strahlen, sowohl in der Bedeutung ihres Werks, als auch in der Tragik ihrer Biografien. Nachdem Paula bereits 2016 zum Gegenstand eines Kinofilms wurde, folgt nun Vogeler. Wann der Streifen mit dem vorläufigen Arbeitstitel „The artist is gone“ in die Kinos kommen wird, ist allerdings noch offen. Er soll Dokumentar- und Spielszenen miteinander verbinden.

Aber schon bei den Dreharbeiten stellt sich ein anderes Barkenhoff-Gefühl ein. Mit ein paar Requisiten im Garten ist das Museum scheinbar wieder zu einem belebten, bewohnten Haus geworden. Zwischen all den Technikern, die es schwer haben, ihr Equipment den leicht ansteigenden Weg hinauf zu bekommen, wuseln Darsteller in Jugendtil-Kleidern herum; auf der Wiese liegt Spielzeug und ein Picknick – wohl nicht mit original Vogeler-Geschirr – ist gerichtet. Die modernen Lichtsäulen im Park sind hinter Bäumen in Kübeln verdeckt, eine Skulptur verschwindet unter einem Tarnnetz.

Und doch ist einiges anders als sonst bei Dreharbeiten. Ist die Kamera aus, setzen alle Darsteller Masken auf, alle paar Meter stehen Desinfektionsspender. Produzent Matthias Greving sagt, es sei bei ihnen wie in der Fußball-Bundesliga, nur ohne Ball. Teile des Teams sind in Quarantäne; wo früher sieben Personen in einem Bulli fahren konnten, dürften jetzt noch zwei rein. Der Aufwand sei enorm gestiegen, die Branche stehe ansonsten fast komplett still. Für Johann von Bülow gilt dennoch: „Spielen ist Spielen“. Läuft die Kamera, sei alles Drumherum vergessen, meint der Rilke-Darsteller. Und durch die lange Drehunterbrechung habe er Zeit gehabt, sich einen echten Bart für die Rolle wachsen zu lassen. „Das ist viel angenehmer, als wenn der angeklebte Schnauzer immer im falschen Moment rutscht, juckt oder abfällt!“ Mehr Authentizität durch Corona also, und mehr Zeit, sich in die Person des Dichters einzulesen. Er wolle die Figur ein wenig erden, sie nicht so abgehoben darstellen, wie es häufig geschehe, sagt von Bülow.

Florian Lukas ist unterdessen mehr geerdet als ihm lieb sein kann: Die Schuhe seines historischen Kostüms sind den aktuellen Belastungen nicht gewachsen, sie fallen nach zig Runden um den See auseinander. Strenge Anweisung: Bevor er auch nur einen Schritt weiter gehen darf, muss ihm jemand ein anderes Paar aus der Garderobe holen. Auch das dauert, und so ist wieder Geduld gefragt.

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