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Auszeichnung Deutscher Karikaturenpreis: Hauck & Bauer stiften 4000 Euro

Hauck & Bauer, Gewinner des Deutschen Karikaturenpreises, spenden ihr Preisgeld. Ein Abend, der nicht nur die Karikaturisten, sondern auch den sächsischen Flüchtlingsrat freut.
18.11.2024, 05:35 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Deutscher Karikaturenpreis: Hauck & Bauer stiften 4000 Euro
Von Joerg Helge Wagner

Über den 25. Deutschen Karikaturenpreis wird sich auch der sächsische Flüchtlingsrat freuen: Das Sieger-Duo Hauck & Bauer aus Frankfurt und Berlin stiftet das Preisgeld von 4000 Euro komplett an diese Initiative. Ausgezeichnet wurde am Sonntag im Dresdner Schauspielhaus zudem der Hamburger George Riemann (Geflügelter Bleistift in Silber), während sich Katharina Greve (Berlin) und Kai Flemming den dritten Platz teilen. Die Laudatio auf den besten Newcomer hielt die Hauptgewinnerin des Vorjahres, Bettina Bexte aus Bremen.

Bei der rund zweistündigen Gala vor rund 700 Gästen sorgte vor allem die stimmgewaltige Musikerin Anna Mateur für Begeisterung. Die selbsternannte "Mutter Blamage des musikalischen Kabaretts" zog mit bitterbösem Witz über Rufe nach unpolitischer Kunst her, um dann eine furiose Neuinterpretation von Joachim Witts "Goldener Reiter" abzuliefern und zum Schluss ein atemloses Medley großer Pop-Hymnen. Zwischendrin in einer Mischung aus Vorstadt-Domina und Grundschullehrerin vergebliche Versuche, das aufgekratzte Publikum zu beruhigen.

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Weiterer musikalischer Star war "Tuba-Professor" Jörg Wachsmuth, der in Begleitung der Pianistin Masumi Sakagami sogar einen neuen Weltrekord aufstellte: Den "Hummelflug" von Nikolai Rimski-Korsakow blies er in knapp 49 Sekunden durch sein voluminöses Instrument. Für Lachstürme sorgte schließlich Schauspieler Tom Pauls, der als betagte Liebhaberin der Hochkultur in die Welt der Neuen Musik einführte oder als "Feuerwehrmann aus Pirna" die Siegerkarikatur mit einem pathetischen Verriss feierte.

Die insgesamt mit 11.000 Euro dotierten Preise – gestiftet von der "Sächsischen Zeitung und dem WESER-KURIER, gelten inzwischen als die "Oscars der deutschsprachigen Cartoonszene. In diesem Jahr hatten 265 Zeichnerinnen und Zeichner 1221 Werke eingereicht.

Gold: Hauck und Bauer

Brenzlich wird es immer öfter auch für jene, die eigentlich nur helfen wollen – das ist kein Witz, sondern bittere Realität auf unseren Straßen, in unseren Städten. "Hier wird die Umkehr der Gemeinschaft in eine Verdachtseinöde ausgemalt. Wenn die mehrheitsfähig wird, ist Feierabend", befand die Jury. Der "Irrsinn einer verschwörten Minderheit" werde hier trefflich karikiert: "Asche auf ihr Haupt und Glückwunsch für dieses Feuer-Werk!"

Hinter der Signatur "H&B" stecken Elias Hauck (Zeichnung) und Dominik Bauer (Text), der eine aus Berlin, der andere aus Frankfurt am Main. Die launigen, ganz überwiegend schwarz-weißen Zeichnungen der beiden Mit-Vierziger erscheinen regelmäßig in der FAS ("Am Rande der Gesellschaft"), sowie unregelmäßig in "Titanic", "Eulenspiegel" und anderen Medien. Wenn sie gerade mal keine Witze illustrieren, macht der eine Musik und der andere Werbung.

Silber: George Riemann

Mensch und Hund verbindet sprichwörtlich viel: Man kann auf den Hund kommen oder sich in hündischer Ergebenheit üben, bekannt sein wie ein bunter Hund oder – nach Feierabend – schlicht hundemüde sein. Andere fletschen erst dann die Zähne und reißen das Maul auf – um aber am nächsten Tag wieder brav Männchen zu machen.

„Diese ausdrucksstarke Feierabendszene zweier Hunde hält dem Möchtegern-Klassenkämpfer in uns den Spiegel vor“, befand die Jury. George Riemann, 1961 in Seesen/Harz geboren, in Hamburg aufgewachsen und lange in den USA tätig, bringe „den existenziellen menschlichen Konflikt zwischen Autonomie und Unterordnung zum Ausdruck“. Riemann holte bereits 2013 den Jugendlieblingspreis und 2016 den Publikumspreis. Sich selbst sieht er als Freibeuter des Humors.

Bronze: Katharina Greves

Manchmal ist schon Feierabend, bevor es überhaupt erst richtig losgeht. Auch und gerade in der Politik ist dies der Fall, von all den ambitionierten "Chefsachen" und Vorzeige-Projekten bleiben dann nur noch Worthülsen – das reicht von "Brandmauer" bis "Zeitenwende". "Diese Karikatur ist das Sinnbild des Fatalismus", urteilte die Jury. "Nichts geht mehr, wenn keiner mehr will. Dann ist nicht nur Feierabend, sondern Schluss mit lustig." Aber lachen dürfe man natürlich schon, "wenn die Hände in den Taschen stecken und die Kostenfalle zum Notausgang wird".

Linien und Flächen, keine Schattierungen, Reduktion auf das Notwendige – mit ihrem reduzierten, klaren Stil holte sich Katharina Greves schon vor drei Jahren einen "geflügelten Bleistift in Bronze". Die gebürtige Hamburgerin und Diplom-Architektin lebt und zeichnet in Berlin.

Bronze: Kai Flemming

Weniger kann oft mehr sein, und gute Karikaturen bestechen nicht selten durch Reduktion auf das Wesentliche. Zwei alte weiße Männer, die Herren Koch und Heckler, betrachten nach Feierabend beim Spaziergang friedvoll ihr Tagwerk. Keiner würde Anstoß daran nehmen, wären da nicht die Namen, die für einen Waffenproduzenten stehen, und der rot verschmierte Hintergrund. "Kaum etwas ist intensiver und eindrucksvoller als das Harmlose samt doppelten Boden", findet die Jury und gratuliert Kai Flemming zu diesem "stillen Bild mit Schuss, den auf den ersten Blick keiner spürt, doch beim zweiten Hinsehen knallhart trifft". Flemming, Jahrgang 1964, lebt und arbeitet in Hamburg. 2021 holte er bereits einen silbernen Bleistift.

Newcomer: Jens Eike Krüger

Tierisch geht es auch beim Newcomer Jens Eike Krüger zu. Der Autor, Musiker, Grafiker und Performancekünstler aus dem Rheinland denkt schon jetzt an den finalen Feierabend, das irdische Ende – natürlich mit rabenschwarzem Humor, denn das ist laut Jury anscheinend "noch immer die lachhafteste Möglichkeit, dem Pessimismus zu entkommen".

"Der animalische Blick auf den Urnengang macht die Zeichnung so erhellend und heiter", finden die Juroren. Krüger bringe Erkenntnis, indem er die Perspektive wechselt. "Das ist intelligent und zugleich großartig gezeichnet. Glückwunsch!" Völlig neu ist der Newcomer nicht: Vor neun Jahren stand er schon einmal auf der Shortlist des Deutschen Karikaturenpreises.

Info

Katalog und Ausstellung

Neben den Preisträgern haben es mehr als 100 Einsendungen des Wettbewerbs auf die sogenannte Shortlist geschafft. Sie werden sowohl in einer Ausstellung als auch in einem Katalog präsentiert. Die Ausstellung im Haus der Bürgerschaft läuft vom 26. November bis 31. Januar 2025, der Eintritt ist frei. Der Katalog dazu ist ab Montag, 18. November in allen Geschäftsstellen des WESER-­KURIER für 19,90 € erhältlich.

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