Blickt man auf die Kulturpolitik der vergangenen Jahre, ist es in jüngster Vergangenheit wohl vor allem der Kulturförderbericht, der für Aufsehen gesorgt hat. Im April 2018 kündigte Bürgermeister und Kultursenator Carsten Sieling (SPD) in der Kulturdeputation erstmals offiziell an, dass er zum Jahresende einen umfassenden Bericht vorlegen werde, der sowohl eine Bestandsaufnahme der Bremer Kulturlandschaft, als auch eine Übersicht über Leitlinien und Zukunftsperspektiven der Kulturförderung in den kommenden Jahren bieten soll.
Die Arbeit daran hatte bereits 2017 begonnen, unter Einbeziehung verschiedener Akteure aus der Kulturszene, die in Diskussionsforen die Möglichkeit hatten, an der Ausgestaltung des Berichtes mitzuwirken. Erklärtes Ziel: Bestehendes erhalten, neue Ideen fördern und Bremens Ansehen als Kulturstadt insgesamt fördern. Der Bericht soll die Stärken der Bremer Kulturszene herausfiltern, Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven aufzeigen.
Hintergrund des Berichts ist die Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs, der Bremen ab 2020 mehr Geld bescheren wird. Ein Kuchen, von dem natürlich auch die Kultur gerne ein Stück abbekommen würde. Carsten Sieling ließ hoffen: „Der Rückenwind, den wir dadurch genießen, muss sich auch in der Kulturpolitik niederschlagen“, sagte er bei der Vorstellung des Berichts im Dezember.
268 Seiten umfasst der Kulturförderbericht. 268 Seiten, die, wie versprochen, einen umfassenden und strukturierten Überblick darüber geben, was Bremen kulturell in allen Sparten zu bieten hat. Seiten, die einen Einblick in die bisherige Kulturförderung erlauben, aber auch diverse Ziele für die Zukunft der Bremer Kultur formulieren.
Die im Bericht formulierten Zukunftsperspektiven lassen sich auf sechs strategische Kernziele herunterbrechen: eine bessere Vernetzung, den Abbau von Barrieren, die Förderung der Freien und jungen Szene, die Stärkung von kulturellen Leuchttürmen, einen Förderschwerpunkt im Themenbereich Lesen und das Ziel, Bremen als Musikstadt zu etablieren.
Die Arbeit in den Stadtteilen und den großen Institutionen soll noch besser vernetzt und organisiert werden. Ein Schwerpunkt soll hierbei auf Projekten liegen, die die Diversität in der Kultur fördern. Viele Bürger, so ein weiteres Ergebnis des Berichts, nehmen Kultureinrichtungen bis heute als „abgrenzend, belehrend und wenig zugänglich“ wahr. Gerade beim Museum gebe es oft inhaltliche Barrieren. Diese Erkenntnis soll nun ein Modellprojekt anstoßen, mit dem neue Wege erprobt werden sollen, Berührungsängste abzubauen.
Traditionsreiche Bremer Einrichtungen wie das Theater Bremen, die Kunsthalle oder auch das Überseemuseum, die viele Besucher von außerhalb nach Bremen locken, sollen, wenn sie „die notwendigen Bedarfe anmelden, auch von den verbesserten Rahmenbedingungen des Haushaltes profitieren“, heißt es im Bericht. In diesem Zusammenhang ist auch vorgesehen, jährlich mindestens eine Veranstaltung zur Rolle der Kultur als Teil der innerstädtischen Entwicklung anzubieten. Das Theater selbst plant das Angebot einer Bürgerbühne, um interessierten Bürgern die Möglichkeit zu geben, selbst Theater zu machen.
Auch die Stärkung der Freien Szene zählt zu den Schwerpunkten des Kulturförderberichts. Angestrebt werde eine sichere Förderung von etwa zwei Millionen Euro, um die Situation der Freien Szene zu verbessern. Mit einem Teil davon soll explizit die junge Szene unterstützt werden.
Das „Zukunftskonzept Lesen“ soll in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt der Kulturförderung sein. Unter anderem soll das Bibliotheksangebot in Form eines Bibliotheksbusses, zusätzlicher Zweigstellen, sowie einem Angebot für Wohnungslose erweitert werden. Aufgrund der diversen Angebote zum Thema Literatur in der Stadt ist eine Bewerbung Bremens als „City of Literature“ angedacht. Außerdem sollen die Bibliotheken, Archive und Museen zum Beispiel durch einem schrittweisen Ausbau des digitalen Services unterstützt werden.
Das klingt erstmal großartig. Der Bericht ist bisher allerdings vor allem ein Grundstein aus Worten. Doch Pläne formulieren kann jeder. Wichtiger ist, dass auf die vielen Worte auch Taten folgen. Derzeit arbeitet der Senat bereits an einem weiteren Bericht: einem Masterplan „Musikstadt Bremen“, in dem Bremens musikalische Stärken gebündelt und weiterentwickelt werden sollen.
Doch wo die Musik am Ende spielt, bleibt erst einmal abzuwarten. Denn ob und wenn ja wie viel mehr Geld ab 2020 in den Kulturhaushalt fließen wird, weiß zum heutigen Stand noch niemand. Bisher liege der Anteil des Kulturetats, der sich 2018 auf insgesamt 82 Millionen Euro belief, laut Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz bei etwa zwei Prozent des Gesamtetats. Diesen Anteil wolle man auch bei einem erweiterten Haushalt beibehalten. Über diesen wird aber erst im Frühjahr nach der Bürgerschaftswahl abgestimmt.
Weitere Informationen
Der Kulturförderbericht ist online unter
www.kultur.bremen.de zu finden.