Bei der Uraufführung anno 1879 war das Klavierkonzert Nr. 1 von Johannes Brahms noch krachend durchgefallen. Heute gehört das anspruchsvolle, wenngleich mitunter sperrig anmutende Werk längst zum Repertoire großer Pianisten. Seine Aufführung mit dem bravourös aufspielenden Ausnahmemusiker Daniil Trifonov wurde zum frenetisch bejubelten Höhepunkt beim Konzert in der Glocke.
Zu Beginn entfachte die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ein martialisch donnerndes Ungewitter, das nur kurz abzuflauen schien. Beinahe unauffällig klinkte sich Trifonov ein. Gab jedem einzelnen Anschlag sein spezifisches Gepräge. Die junge, mit Elan agierende Dirigentin Ruth Reinhardt setzte vor allem im Kopfsatz auf ausgeprägte, teils eruptiv schroffe Kontraste.
Ergreifend melancholisch
Gänzlich anders der romantische Mittelsatz Adagio: ungestört ruhiges Fließen, ein orchestral und pianistisch gefühlvoll ausgeführtes Schwelgen in zarten Harmonien, ergreifend melancholisch und wunderschön romantisch. Springlebendig, dabei stringent mehr und mehr Dynamik aufnehmend, geriet dagegen das finale Rondo zum mitreißenden Sturmlauf mit brillant ausgeführtem Klavierpart. Ein weiteres Mal beeindruckte Trifonov mit seiner Zugabe, dem Bach-Choral „Jesus bleibet meine Freude“ in empfindsamer, innig schlichter Interpretation.
Bereits zuvor hatte die Streicherformation mit einer rasant vorgetragenen Version von Igor Strawinskys "Concerto in D" die Zuhörer optimal eingestimmt. Robert Schumanns Sinfonie Nr. 3 „Rheinische“ präsentierten Dirigentin und Orchester anschließend in erneut forschem Modus und sportlich agilen, jedoch nie gehetzt wirkenden Tempi. Der lieblich sprudelnde 2. Satz (Scherzo) wurde zum farbenfrohen melodischen Bukett. Ein Hauch von Wehmut samt anheimelnder Romantik markierte den ruhigen Mittelsatz. Hymnische, von feierlichem Ernst durchdrungene Bläserakkorde ließen eine lichtdurchflutete orchestrale Kathedrale ungeahnten Ausmaßes entstehen.
Überschäumende rheinische Fröhlichkeit vermittelte der nahezu attacca angegangene Finalsatz. Seine unaufhörlich vorandrängende Mixtur aus großformatigen, straff pulsierenden Klangstrukturen und sorgfältig ausgeführten filigranen Figurationen gipfelte in einem fulminanten Kehraus. Orchester und Dirigentin verabschiedeten sich mit der stimmungsvoll intonierten Zwischenakt-Musik 3 aus Franz Schuberts „Rosamunde“.