Herr Safier, Ihr Buch „Miss Merkel – Mord in der Uckermark“ hat vergangenes Jahr die Bestsellerlisten angeführt. Haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
David Safier: Ich wusste, dass es eine gute Idee ist. Aber es ist vergangenes Jahr im März, auf dem Höhepunkt der Coronakrise herausgekommen. Da waren der Verlag und ich sehr unsicher. Wir haben uns schon gefragt, ob die Leute zu einer Zeit, in der Angela Merkel dauernd im Fernsehen ist, Lust haben, sie abends auch noch "mit ins Bett" zu nehmen.
Die Leser wollten!
Ja. Ich bin froh, dass es aufgegangen ist. Das ist ja nicht bei jeder Idee so, von der man extrem überzeugt ist. Tatsächlich gab es letztes Jahr sogar zwei fantastische Projekte. Ich habe auch ein Holocaust-Drama geschrieben, "Love Gets a Room" (Liebe findet einen Weg), das in einem Theater im Warschauer Getto spielt und dessen Verfilmung in Spanien einige Filmpreise abgeräumt hat. Dort war der Film ein riesiger Erfolg, ich weiß nicht, ob er noch nach Deutschland kommt.
Da kommt nun auf jeden Fall erst einmal ihr zweiter Merkel-Fall. In „Mord auf dem Friedhof“ bekommt sie es unter anderem mit einer Leiche und Satanisten zu tun. Wie sind Sie auf Ihre neue Geschichte gekommen?
Die Idee ist gekommen, weil ich hier ja in der Nähe des Riensberger Friedhofes wohne und bei einem Spaziergang über den Friedhof ...
...haben Sie doch wohl nicht etwa Satanisten getroffen?
Nein, das nicht, aber ich dachte mir, ein Friedhof sei ein guter Ort für einen Mord. Und tatsächlich habe ich auch mal beim Vorbeigehen ein Foto-Shooting gesehen, wo jemand in Lack und Leder vor den Gräbern posiert hat. Das waren sicher keine Satanisten, aber ich habe das mal weitergesponnen. Klassische Bremer Inspiration.
Sehr klassisch, so etwas passiert einem hier wirklich jeden Tag...
Ja, Satanisten wo man hinschaut.
Das eigentlich Schockierende in Ihrem Buch sind aber nicht die Satanisten: Unsere ehemalige Bundeskanzlerin spielt in der Geschichte mit dem Gedanken, sich auf eine Affäre einzulassen.
Wir erzählen das natürlich sehr keusch, aber ja: Sie ist in Rente, hat ihren Achim, ist 67. Und plötzlich kommt dieses andere Angebot. Von einem Mann, der so ganz anders ist als Achim, ganz andere Stärken und Qualitäten hat. Da kommt sie ein wenig ins Wanken - obwohl er einer der Verdächtigen in dem Mordfall ist.
Dabei kann Achim doch so toll singen. Sein neues Hobby im Buch: die Vokale seiner Lieblingslieder – zum Beispiel „Daydream Believer“ von den Monkees – durch andere Buchstaben auszutauschen. Mit wie vielen Songs haben Sie das beim Schreiben zu Hause durchprobiert?
Ich musste gar nicht so viel ausprobieren. "Drei Chinesen mit dem Kontrabass" ist ja das typische Lied dafür, aber politisch nicht mehr korrekt. Ich wollte zeigen, dass man auch ohne dieses Lied Spaß beim Buchstaben-Austausch haben kann. "Daydream Believer" singt sich gut mit Ö: "Döydrööm Bölöövör..." und mit U auch: "Duydruum Buluuvur", das kann man sehr schön singen.
Es steckt auch an. Klappt zum Beispiel auch gut mit „I’m gonna be (500 Miles)“ von den Proclaimers.
Jaja, das geht mit vielen Liedern!
Ihr Verlag hat Angela Merkel damals ein Exemplar Ihres ersten Merkel-Krimis zugeschickt – gab es eine Reaktion?
Es gab einen Brief aus dem Kanzleramt, dass sie sich sehr darüber freut, dem Buch viel Erfolg wünscht. Ich glaube aber, dass sie es zu dem Zeitpunkt nicht gelesen hatte, da hatte sie anders zu tun.
Werden Sie ihr auch das zweite Buch schicken? Jetzt sollte sie ja Zeit zum Lesen haben…
Das weiß ich noch gar nicht. Wie sie wohl darauf reagiert, dass sie einen anderen Mann interessant findet?
Was denken Sie?
Damals beim ersten Buch habe ich mir vorgestellt, wie sie das Buch sieht und sich denkt: Ja, jetzt schon in Rente zu sein, wäre ganz schön. Sie soll ja viel Humor haben, sie wird da also drüberstehen.
Wird es ein drittes Buch geben?
Ich schreibe im Augenblick an etwas anderem. Dann gucke ich mal. Ich bin aber kein Autor, der die nächsten zwanzig Jahre einmal im Jahr einen neuen Detektivfall macht. Dazu hätte ich keine Lust. Aber: Ich mag die Figuren sehr und hätte auch Ideen für neue Bände. Und es wird an einer Verfilmung von Miss Merkel gearbeitet ...
Können Sie über die anderen Projekte sprechen, an denen Sie arbeiten?
Nicht über alle, aber ich arbeite unter anderem an einem Bilderbuch und an einem neuen, nicht lustigen Roman. Mit "28 Tage lang" und "Love Gets a Room" habe ich zwei Holocaust-Stoffe geschrieben. Nun arbeite ich an einem historischen Roman, der nicht nur im Zweiten Weltkrieg spielt, aber sich mit den Folgen beschäftigt.
Wollen Sie ein bisschen von den lustigen Geschichten weg?
Nein, ich mag beides, und ich schreibe beides.
Das Gespräch führte Alexandra Knief.