Es weht Musik durch die Messehallen an der Bürgerweide. Die Band Haram macht den Soundcheck für die offizielle Eröffnung der Jazzahead-Messe. Doch der Besucherandrang hält sich noch in Grenzen. "In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal schon am Donnerstagvormittag geöffnet", sagt Sybille Kornitschky, Projektleiterin der Jazzahead. Deshalb seien noch nicht so viele Besucher unterwegs und auch einige Stände noch nicht ganz fertig vorbereitet – hier und da werden noch die letzten Plakate aufgehängt oder Werbeflyer ausgelegt. Einige Delegationen seien auch noch nicht komplett angereist. Die Haupttage seien der Freitag und der Sonnabend. "Dann ist das hier pickepackevoll", sagt Kornitschky.
Dennoch ist da schon das Gefühl: Die Jazzwelt ist nach zwei Jahren Corona-Pause wieder in Bremen zusammengekommen. Spanische, englische oder auch skandinavische Sprachfetzen hallen durch die Gänge zwischen den Ständen. Künstler fachsimpeln mit Plattenlabels oder Instrumentenherstellern. So wie das australische Musiker-Trio "Brekky Boy" aus Sydney. Alex Hirlian liefert eine Kostprobe seines Könnens am Schlagzeug und testet dabei direkt neue Drum-Sticks. Für die drei Männer aus Down Under, die auch als Surfer vom Bondi Beach durchgehen könnten, ist es der erste Besuch in Bremen.
Kanada mit der größten Delegation
Gleich um die Ecke hat das Bremer Label "Berthold Records" seinen Stand, der mit seiner Mustertapete, dem Blümchensofa und dem Schwarzweißfernseher eine Zeitreise in die 70er-Jahre unternimmt und zwischen den übrigen Auftritten heraussticht. Das Mobiliar, erklärt Labelchef Anton Berthold, sei über die Jahre zusammengesammelt worden. Und Sybille Kornitschky meint, dass der Stand einer der schönsten auf der Messe sei. Seit 2011 ist Berhold Records auf der Jazzahead vertreten. "Wir sind an modernen Entwicklungen interessiert, da ergibt es sich, dass wir viel mit jungen Künstlern zusammenarbeiten", erklärt Berthold.
Das Zentrum der Messe bilden die beiden großen Stände mit Kanada- und Deutschlandschwerpunkt, die sich in Halle 5 vis-á-vis gegenüberstehen. Das sei mit Absicht so gemacht worden, sagt Kornitschky. "Bei der Messe geht es auch darum, die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Partnerland hervorzuheben und zu pflegen."
Seit elf Jahren habe die Jazzahead jeweils ein Partnerland, berichtet Ulrich Beckerhoff, der künstlerischer Leiter von Messe und Festival. "Kanada ist aber das erste außereuropäische Land und deshalb so interessant, weil sich dort durch eine positive Einwanderungspolitik viele Kulturen treffen, was sich auch in der dortigen Jazzszene widerspiegelt", sagt Beckerhoff. Mit 20 angereisten Bands und Musikern sei die kanadische Delegation zudem die größte seit Bestehen der Jazzahead.
Messe als Hybridveranstaltung
Ein Stand liegt Sybille Kornitschky in diesem Jahr besonders am Herzen, nämlich der der Ukraine. "Es grenzt an ein Wunder, dass die angekommen sind. Das ist schon emotional für mich", sagt sie. Erst kurz vor Beginn der Messe sei die Delegation angereist. Trotz des Krieges und der schwierigen Lage wollten sie sich nicht als Opfer sehen, erklärt Kornitschky. "Sie haben gesagt: Jetzt erst recht." Der ukrainische Messeauftritt ist zum Standnachbarn Polen hin offen. Damit wollte man ein Zeichen setzen, sagt Kornitschky. Die Stände der übrigen Delegationen seien nach Thematiken oder Ländern geordnet, erklärt sie weiter. So seien die Benelux-Staaten oder die Skandinavier dicht beieinander. "Da wir in diesem Jahr so viel Platz hatten, konnten wir das ganz neu denken."
Viele Aussteller und Besucher, sagt Kornitschky, möchten oder können wegen Corona noch nicht nach Bremen reisen. Waren es 2019 rund 3400 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, rechnet sie in diesem Jahr mit etwa 2500 Besuchern und Ausstellern. Auch deshalb ist die Jazzahead in diesem Jahr als hybride Veranstaltung geplante. Das heißt, die Vorträge des Fachprogramms und die Interviews mit den Künstlern der Show-Case-Konzerte finden mit Publikum vor Ort und gleichzeitig als Livestream im Internet statt. Für die Zuhörer der Vorträge in der Halle haben sich die Veranstalter etwas besonderes einfallen lassen: Per Kopfhörer bekommen die Interessierten im Konferenzbereich die Inhalte direkt auf die Ohren. "So können wir das Fachprogramm direkt in der Halle durchführen", erläutert Kornitschky.