Eine Saison lang haben die Bremer Philharmoniker ihr 200-jähriges Bestehen gefeiert, nun setzen sie mit drei außergewöhnlichen Konzerten unter dem Motto "Symphonisches Feuerwerk" einen Schlusspunkt unter die Jubiläumsspielzeit. Gustav Mahlers (1860–1911) "Symphonie Nr. 8 Es-Dur" ist 90 Minuten lang und so aufwendig auf die Bühne zu bringen, dass sie selten aufgeführt wird. Am Sonntagabend erklang sie bei einem Festkonzert mit Ehrengästen, darunter befand sich mit Marina Mahler auch die 81-jährige Enkelin des Komponisten.
Sie wurde von Barbara Grobien, der Vorsitzenden der Philharmonischen Gesellschaft, auf die Bühne geleitet. Musik helfe, auf eine andere Ebene als die rein vordergründige des persönlichen Lebens zu gelangen, sagte sie. Womit auch schon viel über diese wuchtige Musik und das schier überwältigende Konzert gesagt war, das folgen sollte. Dafür sorgten nicht nur die Bremer Philharmoniker in großer Besetzung unter der Leitung ihres Generalmusikdirektors Marko Letonja, sondern auch drei Chöre: der Opernchor des Theaters Bremen, der Lettische Staatschor Latvija und der Knabenchor Unser Lieben Frauen. Acht Solistinnen und Solisten komplettierten die Besetzung.
Tragende Rolle für den Gesamtklang
Aus zwei Sätzen besteht diese 1910 uraufgeführte Symphonie, die um zwei Texte kreist, deren schwärmerischer Duktus heute allerdings nicht nur merkwürdig zopfig, sondern auch mitunter bombastisch aufgeladen mit religiöser und visionärer Schwärmerei dünkt. Im ersten Teil ist dies die lateinische Hymne "Veni creator spiritus", im zweiten die Schlussszene aus Johann Wolfgang von Goethes "Faust, der Tragödie zweiter Teil". Man kann die Worte aber auch einfach ihrer Bedeutungsschwere entheben und sie als essenziellen Bestandteil des Gesangs sehen (zu verstehen ist der Text sowieso nicht durchgängig). Denn die menschliche Stimme übernimmt gleichwertig zum Orchesterklang eine tragende Rolle für den Gesamtklang.
Dieser Klang war am Sonntag überwältigend. Marko Letonja leistete schier Unmögliches, indem er das Orchester durch die beiden komplexen, anspielungsreichen Sätze führte und gleichzeitig perfekt mit den Chören und den Solisten synchronisierte. Dabei gelangen viele magische Momente. Gleich der Beginn mit dem Es-Dur-Akkord der Orgel war einer, von Bläsern und Streichern sogleich weitergeführt auf die wunderbare Herausarbeitung des Kontrapunkts, die diesen Teil prägt. Der Beginn des zweiten Teils geriet mit seinem tiefen Streichermotiv und dem Lauern in den Bläsern und Streichern beinahe meditativ, bevor Letonja dies in die Breite auflöste. Immer wieder wechselten sich solche leisen, fein herausgespielten Passagen ab mit echtem Wall of Sound: bombastischen Ausbrüchen, bei denen man versteht, warum Filmmusikkomponisten sich so gerne bei Gustav Mahler bedienen. 20 Minuten Standing Ovations belohnten alle durchweg großartig agierenden Beteiligten zum Schluss für dieses, auch fürs Publikum, fordernde Konzert.