Kaum ist ein Preisträger gekürt, jubelt sein Verlag auf allen Kanälen. Nicht so am Donnerstag, als die US-amerikanische Lyrikerin Louise Glück von der Schwedischen Akademie den Nobelpreis für Literatur zuerkannt bekam. Es gibt nur zwei ihrer Gedichtbände auf Deutsch, beide sind vergriffen; der Luchterhand-Verlag verhandelt die Rechte gerade neu. Dort war man genauso überrascht wie viele literarisch Interessierte, die sich fragten: Louise wer? Ein Begriff ist die Autorin vor allem in den USA.
Die Akademie ist bekannt dafür, mit ihren beiden populärsten Preisen – Literatur und Frieden – zu überraschen. Beide werden regelmäßig im Vorfeld mit Erwartungen befrachtet. Tatsächlich wäre es höchste Zeit, eine der starken literarischen Stimmen aus dem afrikanischen, arabischen, karibischen oder asiatischen Raum zu würdigen. Doch dazu fehlten der Jury, gebeutelt durch die Nachwehen der Skandale und der umstrittenen Entscheidung für Peter Handke im vergangenen Jahr, offenbar Schwung und Mut.
Louise Glück muss das nicht kümmern. Ihr Werk wird von einer Nebenwirkung des Preises profitieren: Leser in aller Welt sind nun neugierig geworden.