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Kritik zu "Die Italienerin in Algier" In Prosecco-Laune

Mehrfach verschoben, nun als beschwingte Sommer-Version auf dem Theaterberg zu erleben: Das Theater Bremen zeigt eine augenzwinkernde "Italienerin in Algier":
13.06.2021, 12:14 Uhr
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In Prosecco-Laune
Von Iris Hetscher

Ein höllischer Knall ist zu hören, es scheppert, es kracht. Da kann man sich schon erschrecken; der Theaterberg liegt immerhin ziemlich nah an einer Straße. Doch keine Bange, das ist nur Budenzauber; jetzt erschließt sich auch die Installation mit dem Schrottauto und dem Baum, die in den Wallanlagen zu sehen ist. Heißt: Isabella, die schöne Italienerin, hatte einen Unfall. Passiert ist nur dem Kleinwagen etwas, denn schon stürmt sie herein: Was für ein Auftritt für Nathalie Mittelbach und Diego Savini, der ihren Begleiter Taddeo singt!

Die  Oper "Die Italienerin in Algier" von Gioachino Rossini haben Regisseur Josef Zschornack und die musikalische Leiterin Alice Meregaglia in einer sehr kurzweiligen Prosecco-Version auf den Theaterberg gezaubert. Jedweder plüschige Orientalismus ist gestrichen. Mustafa Bey ist Herr über einen royalblau gestrichenen Kiosk samt eigenem Corporate Design, der überall beheimatet sein könnte. Überhaupt ist hier alles sehr farben- und lebensfroh (Kostüme: Kristin Herrmann, Bühne: Carla Maria Ringleb). Alice Meregaglia verzichtet auf die Rezitative, also die erklärenden, aber oft einfach öden Sprechgesänge zwischen den Arien. Sie setzt voll auf die Kraft der Musik und die Schauspielkunst der Sängerinnen und Sänger.

Dieses Konzept geht auf, ohne dass die Oper wie eine Nummern-Revue wirkt. So komplex ist die Geschichte ja auch nicht. Stephen Clark gibt Mustafa als tumben Gockel, der seine Ehefrau Elvira (bei der Premiere: Maria Martin González) gegen Isabella eintauschen möchte. Die allerdings trifft zwischen Zeitungsständern und Tetra-Paks ihre große Liebe Lindoro wieder. Hyojong Kim legt Lindoro mit seiner wandlungsfähigen Stimme zwischen fragiler Sehnsucht und klarer Entschlossenheit an. Die Liebenden beschließen, den Kiosk-Herrschaftsbereich zu verlassen: Damit das ohne Getöse klappt, muss Mustafa abgelenkt werden.

Und womit übertölpelt man eitle Machos? Man bietet ihnen mehr Macht bei gleichzeitig minimalem Aufwand, den sie dafür betreiben müssen. In diesem Fall ist das der Titel "Pappataci" – der König der Vielfraße, der allerdings der Fantasie Isabellas entspringt. Nathalie Mittelbach ist das energetische Zentrum der Inszenierung, ihre Isabella ist selbstbewusst und eine große Spötterin. Das spielt und singt sie mit ihrem klaren und warmen Alt sehr mühelos.

Das gilt für das gesamte Ensemble, das sich die Belcanto-Bälle Rossinis präzise und mit viel Spaß an der Freud zuwirft. Grandios gerät das fast schon dadaistisch wirkende Finale des ersten Aktes ("Din, din, bum, bum, kra, kra"), ebenso das Pappataci-Terzett kurz vor Schluss. Die Bremer Philharmoniker unter der Leitung von Alice Meregaglia begleiten solide. Viel Applaus für alle Beteiligten bei der Premiere am Sonnabend.

Info

Die nächsten Termine: 16., 19., 20., 25., 26. und 27. Juni, jeweils 19 Uhr. Weitere Termine unter www.theaterbremen.de

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