Geboren wurde er 1889 in der Universitätsstadt Shippensburg im US-Bundesstaat Pennsylvania, beerdigt wurde Clifford Holmead Phillips 1975 auf dem Riensberger Friedhof in Bremen – der Geburtsstadt seiner Ehefrau Elisabeth. Dazwischen liegt ein Leben, in dem er viel gereist ist und das der Autodidakt der Kunst gewidmet hat. Noch mit 80 Jahren erfand der Mann, der sich als Künstler schlicht Holmead nannte, eine neue Technik für sich. Es sind die "Shorthand Paintings", schnell hingeworfene Momentaufnahmen, die Köpfe zeigen.
Einige Werke aus dieser letzten Schaffensphase haben nun eine neue Heimat in der Kunsthalle Bremen gefunden. Dies ist dem Bremer Sammler und Kunstförderer Alfred Moeke zu verdanken, der dem Kunstverein 34 Gemälde und 20 Arbeiten auf Papier von Holmead geschenkt hat. Einige dieser Werke hängen vom 5. August bis zum 3. Dezember in einem Raum der Dauerausstellung im ersten Stock. Das Eröffnungsdatum der Ausstellung ist dabei nicht zufällig gewählt: An diesem Freitag feiert Alfred Moeke, der für seine Verdienste um die Kunst 2013 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, seinen 90. Geburtstag.
Er habe sich sofort, als er das erste Bild Holmeads in der Galerie Ohse an der Contrescarpe gesehen hatte, für diesen Künstler begeistert, erzählte er am Donnerstag beim Pressetermin. Für das Werk zu werben, sollte eine langjährige Passion Moeke werden. Er pflegte zudem Kontakt mit Holmeads Witwe Elisabeth Phillips, die bis zu ihrem Tod mit 98 Jahren im Geteviertel lebte und aus der Kaufmannsfamilie Fritze stammte.
Das Abstrakte lehnte er ab
Für Kunsthallendirektor Christoph Grunenberg, der die kleine Schau gemeinsam mit Friederike Quander kuratiert hat, ist Holmead ein "endlich wiederentdeckter Künstler". Erfolgreich gewesen sei er in den 1920er- und 1930er-Jahren, daher habe man die neun Arbeiten auf Papier und die zehn Gemälde, die aus der Schenkung ausgewählt wurden, in einem Raum platziert, der an die Expressionisten-Abteilung der Dauerausstellung grenze.
Künstlern wie Karl Schmidt-Rottluff, Ernst Ludwig Kirchner oder Max Beckmann fühlte sich Holmead verwandt, alles Abstrakte habe er dagegen zeitlebens abgelehnt. Das ist noch in den Stadt- und Landschaftsansichten zu erkennen, die er weit später im Leben gemalt hat wie die von viel strahlendem Blau dominierte "Küstenstadt", die 1970 entstanden ist.
Deutlicher ins Gewicht bei der Mini-Werkschau fallen seine Porträts. "Shorthand" ist der englische Begriff für Stenografie, das schnelle Aufzeichnen von Text per reduzierter Formelschrift. Ausgehend von diesem handwerklichen Prinzip hat sich auch Holmead seinen Motiven genähert: fix eine Idee entwickelt und diese quasi aufs Papier geschleudert. Nicht mehr als acht Minuten sollte so ein Schaffensprozess in Anspruch nehmen, habe er stets betont, so Kuratorin Friederike Quander. Dabei gab es, außer vereinzelt seiner Frau und seinen zwei Töchtern, niemanden, der dem Künstler Modell saß. Seine Porträts interpretierten Merkmale von Menschen, die ihm im Alltag auffielen. Manchmal variierte er bestimmte Typen wie einen Mann mit Schnurrbart und Bowlerhut, der auf mehreren Gouachen zu sehen ist.
Bei den Ölbildern ist Holmead noch einen Schritt weiter gegangen. Die Konturen der Gesichter wirken seltsam verwischt und quasi nasenlos, sie sind so pastos, als wären sie mit dem Spachtel bearbeitet worden. Und trotzdem ist es Holmead gelungen, jedes Bild seine eigene Geschichte erzählen zu lassen. Die "Junge Frau" (1971) schaut den Betrachter unsicher und verzagt an, der im selben Jahr entstandene "Mann mit weißem Haar" dagegen wirkt abgeklärt. Die "Dame in Rot" (1970) strahlt eine tiefe Traurigkeit aus, die "Gruppe kleiner Mädchen" wiederum scheint bester Laune zu sein. Je länger man diese Porträts anschaut, desto vertrauter werden einem die Figuren. Vielleicht ist einem die eine oder der andere ja auch schon mal begegnet.