Sie sind wieder da: Die Bremer Philharmoniker haben bei ihrem Musikfest-Konzert zum ersten Mal seit den Beschränkungen durch die Corona-Pandemie in großer Besetzung in der Glocke gespielt. Und das auch gleich so richtig ausgenutzt, denn zwei Werke der Spätromantik standen am Dienstagabend um 18 und um 20 Uhr auf dem Programm: das Violinkonzert in D-Dur von Pjotr Tschaikowski und die Sinfonie Nr. 4 e-Moll von Johannes Brahms.
Für das Violinkonzert hatten die Philharmoniker sich den erst 20-jährigen Violinisten Daniel Lozakovich als Solisten eingeladen, der das Werk bereits auf CD eingespielt hat. Der erste Teil des Konzerts, gut 40 Minuten, gehörte diesem jungen Musiker, der Publikum und Orchester mit seiner technischen Brillanz aus dem Häuschen geraten ließ. Tschaikowskis Violinkonzert gönnt demjenigen, der es spielt, keine Pause: Höchstschwierigkeiten reihen sich aneinander. Da besteht die Gefahr, dass der Solist ein konzentriert vorgetragenes Fingerfertigkeits-Feuerwerk präsentiert.
Doch Daniel Lozakovich meisterte nicht nur rasante Läufe, Intervallsprünge und dergleichen mehr. Er hatte auch etwas zu erzählen. Das zeigte er nicht nur bei der Kadenz des Allegro moderato, das wunderbar zwischen schmelzenden und mitunter harschen Tönen angelegt war. Die Canzonetta mit ihrem Walzer-Charme interpretierte Lozakovich mit den ordentlich, aber manchmal etwas zu verhalten begleitenden Philharmonikern melancholisch und zart, gern auch mit schmelzendem Legato. Es folgte das Finale, das der Geiger im Sauseschritt und garniert mit nervösen Staccato-Passagen nimmt – aber nicht ohne den tiefer angelegten Stellen einen gewissen Humor zu entlocken.
Im zweiten Teil des Konzerts zeigte sich, dass die Philharmoniker sich auch unter ihrem Generalmusikdirektor Marko Letonja stetig weiterentwickeln. Letonjas flotter Zugriff auf die letzte und durchaus rätselhafte Sinfonie, die Johannes Brahms komponierte, übertrug sich auf das Orchester, das er eng führte und manchmal regelrecht anfeuerte. Der fragende Charakter der Motive, die unterschiedlichen Charaktere der Sätze (mal verhalten, mal volksliedhaft-tänzerisch, mal barocke Vielfalt wie im Allegro energico e passionato) schien nicht immer, aber oft in wunderbarer Dichte auf. Akzente konnten die Holz- und Blechbläser sowie André Philipp Kollikowski an der Perkussion setzen. Das Publikum applaudierte laut und lange.