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Musikfest Bremen Comedy aus der Barockzeit

Musikfest Bremen: Die Aufführung von Henry Purcells „The Fairy Queen“ von William Christie und Les Arts Florissants mit Mourad Merzouki begeistert mit actionreichen Bühnenszenen.
04.09.2023, 05:00 Uhr
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Von Wolfgang Denker

Am versöhnlichen Ende von Henry Purcells „The Fairy Queen“ singt der Chor „They shall be as happy as they’re fair” (Sie sollen so glücklich sein, wie sie schön sind). Nun – glücklich dürfte das begeisterte Publikum in der Glocke gewesen sein. Und „schön“ ist ein viel zu schwacher Ausdruck für diese Aufführung. Denn die war in ihrer Gesamtkonzeption ein Geniestreich.

Das auf Shakespeares „Sommernachtstraum“ basierende, 1692 uraufgeführte Werk gehört zur eigentümlichen Gattung der Semi-Oper, die eine Mischung aus Oper, Schauspiel und Tanzabend darstellt. Kein Wunder, dass Aufführungen der „Fairy Queen“ oft mit Tanzeinlagen angereichert wurden.

Aber so essenziell und so zwingend wie jetzt beim Musikfest dürfte das selten der Fall gewesen sein. Die sechs schwarz gekleideten Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie Käfig und der New Yorker Juilliard School beherrschen mit einer atemberaubenden Mischung aus Hip-Hop, Breakdance, Pantomime und Ausdruckstanz die Bühne. Wie sie in rhythmischer Bewegungsakrobatik umherwuseln, sich in immer neuen Konstellationen gruppieren, wie sie die Musik kommentieren oder kontrastieren ist meisterhaft choreografiert. Mal tapsen sie voller Witz wie Vögel über die Bühne, mal wird wie aus dem Nichts ein Salto geschlagen oder ein fröhliches Ringelreihen zelebriert.

Mourad Merzouki ist Gründer der Compagnie Käfig und hat das Wunder dieser furiosen, fesselnden Choreografie vollbracht. Und nicht nur das – auch die Sängerinnen und Sänger sind in bemerkenswerter Dichte in die Bewegungsabläufe einbezogen. Das ganze Ensemble verschmilzt zu einer Einheit, bei der man manchmal nicht mehr weiß, wer Sänger und wer Tänzer ist. Jedenfalls wird diese Oper, deren Musik oft von einem sehr getragenen Duktus geprägt ist, durch den Tanzeinsatz extrem kurzweilig. Comedy aus der Barockzeit.

Dass die musikalische Seite von dem aktionsreichen Bühnengeschehen nicht erdrückt wird, ist William Christie, dem von ihm gegründeten Orchester Les Arts Florissants und einem hervorragenden Sängerensemble zu danken.
William Christie, der schon beim allersten Musikfest 1989 in Bremen zu Gast war, ist ein ausgewiesener Experte für Alte Musik. Er und sein Orchester beherrschen und präsentieren Purcells Musik mit traumwandlerischer Sicherheit. Christie genügen beim Dirigieren meist minimale Bewegungen, oft schaut er nur bewundernd zu. Gleichwohl kann die Musik Pracht und Innigkeit entwickeln.

Unterstützt wird Christie von dem Tenor Paul Agnew, den er zum stellvertretenden Ensembleleiter ernannte. Die jungen Sängerinnen und Sänger kommen aus dem 2002 vom Orchester gegründeten Nachwuchspool „Jardin des Voix“. Es sind acht allesamt hochtalentierte Sänger mit jungen, schlanken Stimmen, die sich bestens bewähren, in verschiedene Rollen schlüpfen und bei Bedarf auch als Chor fungieren. Sie besingen ausführlich Freud und Leid der Liebe, stimmen oft ein Lamento an oder begeben sich im vierten Akt auf einen stimmschönen Streifzug durch die Jahreszeiten: Mezzosopranistin Georgia Burashko besingt den Frühling, Tenor Ilja Aksionov den Sommer, Tenor Rodrigo Carreto den Herbst und Bass-Bariton Benjamin Schilperoort den Winter. Auch die Sopranistin Paulina Francisco, die Mezzosopranistinnen Rebecca Legget und Juliette Mey überzeugen mit klarem, stilsicherem Gesang. Der Bariton Hugo Herman-Wilson setzt als betrunkener Poet ebenso komödiantische Akzente wie auch als Coridon, wenn der Mopsa (Ilja Aksionov) gegen ihren Willen küssen will. Der Tenor streift sich für diese Szene ein Kleid über. Das Trikot einer spanischen Fußball-Weltmeisterin war wahrscheinlich nicht zur Hand.

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