Warum sind Sie Dramaturgin geworden?
Elif Zengin: Die Dramaturgie stelle ich mir gerne so vor, dass Literatur und Theater sich küssen. In diesen einzelnen Feldern, aber vor allem in deren Verhältnis liegt der Grund für meine Berufswahl. Es sind in erster Linie die Bühnenfassungen, die Textentwicklungen und die inhaltliche Einflussnahme auf Produktionen, die ich an der Verbindung von Text und Bühne sehr spannend finde. In dem Arbeitsbereich sind aber natürlich noch kommunikative, organisatorische sowie redaktionelle Aufgaben inbegriffen, die über die Stückproduktion und den Probenprozess hinausgehen. Ich mag aber genau das daran: Die Vielseitigkeit, die Zusammenarbeit, die Vermittlung und dass man dabei kreativ bleiben kann.
Wo haben Sie Ihr Handwerk gelernt?
Darauf kann ich keine einfache Antwort geben. Meine interdisziplinäre Studienlaufbahn, meine internationalen Engagements und meine Erfahrungen in verschiedenen Arbeitsfeldern waren ausschlaggebende Bestandteile in meinem Lernprozess. Ich möchte aber gar nicht meinen, dass dieser Prozess beendet wäre – ganz im Gegenteil: Ich lerne und wachse an den Erfahrungen, die ich zurzeit am Theater Bremen mache.
Ans Theater Bremen hat es Sie verschlagen, weil…
… ein gegenseitiges Interesse bestand: Ich habe ein Angebot bekommen während der Endphase einer Gastproduktion. Der Zeitpunkt, der Ort und das Arbeitsfeld haben gepasst. Außerdem bedeutet mir das Theater Bremen: Es ist das Theater, in dem ich mir schon als Kind und später als Jugendliche Stücke angeschaut habe – jetzt ist es mein Arbeitsplatz.
Ihr großes Vorbild ist…
Ein einziges Vorbild oder Idol habe ich nicht, aber auf jeden Fall einige Namen, die mich durch bestimmte Lebensphasen intensiv begleitet haben. Das ist eine große Bandbreite von Dostojewski bis Kafka, von Audre Lorde bis Ann Cotten, von David Hockney bis Rebecca Horn, von Harun Farocki bis Charlie Kaufman, von Tilda Swinton bis Gaspard Ulliel, von Vivienne Westwood bis Hussein Chalayan, von Pink Floyd bis Sezen Aksu. Ich erkenne in Menschen - ob Weltstar, Underdog oder No-Name - Charakterzüge, Eigenschaften oder Fähigkeiten, für die ich mich begeistern und von denen ich mich inspirieren lassen kann.
Und ihr Traumstück ist…
Eine Inszenierung à la „Holy Motors“ von Leos Carax, aber damit meine ich keine reine Bühnenadaptation, sondern einen neuen Stoff, der in sich genauso viel Fantasie, Verrücktheit, Humor, Intelligenz, Ästhetik und Poesie birgt wie dieser Film.