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"NOperas"-Projekt am Theater Bremen Das ist der Rhythmus, bei dem man mitmuss

Tanz, Performance, Musiktheater - die Produktion "Obsessions" des "NOperas"-Projekts erlebte am Freitagabend ihre Voraufführung. Das Publikum wird auf eine vergnügliche Erkundungstour mitgenommen.
19.02.2022, 13:34 Uhr
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Das ist der Rhythmus, bei dem man mitmuss
Von Iris Hetscher

Bum tschitschi bum tschi. Erst leise, dann laut. Matthieu Svetchine aus dem Schauspielensemble des Theaters Bremen beginnt damit, dann fallen die anderen sieben nach und nach ein. Dabei bleibt es nicht – bum tschitschi bum tschi muss man notwendig tanzen. Es ist der Rhythmus, bei dem man mit muss, ein "Social Dance" (Sozialtanz), dem sich niemand entziehen kann. Vielleicht auch gar nicht will. Aber wann kippt der Wunsch nach Nähe in den (inneren wie äußeren) Drang zur Anpassung und womöglich in Besessenheit? Und wie findet man da wieder raus?

"Obsessions" ist der Abend im Theater Bremen überschrieben, der zwischen den Genres changiert: Performance, Tanz, experimentelles Musiktheater. Er soll auch schlingern, denn "Obsessions" ist Teil des "NOperas"-Projekts in Wuppertal, Halle und Bremen. Freie Gruppen entwickeln an einem der Häuser eine Produktion, die sich an den Theatern in den anderen Städten durchaus weiterentwickeln kann. Das soll beiden Seiten Impulse geben, wie sich das Thema Musik und Theater künftig gestalten kann. Mit Oper im herkömmlichen Sinn ist gemäß dem Titel der Reihe so wenig zu rechnen wie mit klassischen Erzählmustern.

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In Bremen war in den vergangenen sechs Wochen die finnische Frauenkompanie Oblivia zu Gast, die sich mit Mitgliedern des Schauspiel- und Musiktheaterensembles und sechs Bremer Philharmonikern mit dem Thema "Besessenheiten" auseinandersetzte. Die Musik dazu stammt von der chinesischen Komponistin Yiran Zhao. Die musikalische Leitung des Abends hat Yu Sugimoto übernommen, seit Beginn der Spielzeit Solorepetitor am Theater.

Im Kleinen Haus ist eine überaus vergnügliche, wenn auch nicht immer nachvollziehbare Erkundung zu erleben, die das Motto inhaltlich wie formal weit aufspannt. Zu Beginn wandeln die acht Musiker/Performer/Tänzer in ausladenden, farbigen Roben (Kostüme: Tua Helve) über die leere Bühne. Wir befinden uns im dekadenten Rom, "bevor der Diktator gestürzt wird", wie Sopranistin Nerita Pokvytyte schon bald singt. Das ziellose Hin- und Herwandern erstarrt immer wieder, die Akteure werfen sich zwanghaft in Pose. Auch die menschlichen Lautäußerungen folgen dieser Logik: Es wird gehechelt, hemmungslos gekichert, geschnalzt, gewispert.

Beim zweiten großen Block im Zeichen des Bum-tschi sind alle in lange bunte Röcke und Blusen gekleidet und offenbar Gäste einer etwas exklusiveren Party. Und was macht man da so? Plappern, bis der Aperol Spritz glüht. Von "Wie geht es Ihnen?" bis zu kleinen Skandälchen wird alles exzessiv durchexerziert. Die Musik (zwei Violinen, Flöte, Posaune, Oboe, Schlagwerk) unterstützt das – stark minimalistisch und rhythmisch orientiert, mal assoziativ untermalend, mal mit deutlich gesetzten, fiesen Nadelstichen. Zwei kürzere, überaus absurde Zwischenspiele verbinden die Blöcke des 80 Minuten langen Abends, rote Teppiche, in Pyramiden eingeschlossene Lebern und die ganz banale körperliche Besessenheit kommen vor. Zum Schluss wird es, nach einem psychedelisch angehauchten Video zu Synthesizer-Klängen, tatsächlich richtig volltönend mit einem Schlusschor, zu dem sich auch die Philharmoniker gesellen. Ein Abend für Neugierige und die, die es werden wollen.

Info

Die nächsten Termine: 22. Februar, 20 Uhr; 27. Februar, 18.30 Uhr. Dauer: ca. 80 Minuten.

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