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Bremer Brüderpaar Jankowski Dazu verdammt, Künstler zu sein

Es ist nicht überliefert, wo Udo Lindenberg üblicherweise Kunstwerke kauft. Den Bremer Brüdern Jankowski, die sich "Partisanen der Kunst" nennen, hat er bereits eins abgekauft. An einem ungewöhnlichen Ort.
21.01.2022, 11:50 Uhr
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Dazu verdammt, Künstler zu sein
Von Simon Wilke

Geschichten hat Kazimierz Jankowski einige auf Lager. Zum Beispiel die von Udo Lindenberg, damals, als der ein Bild von ihm kaufte und beim gemeinsamen Pinkeln ins Pissoir des Hamburger Hotel Atlantic auch direkt bar bezahlte. Bodyguard vor der Tür, Griff in die Brusttasche, Scheine gezückt, fertig. Wenn es weiter nichts ist.

Jankowski ist Künstler. Geschichtenerzähler nur nebenbei, vor allem aber Maler, Sänger, Komponist, Theatermann und sicherlich würde ihm noch mehr einfallen. Gemeinsam mit seinem Bruder Boleslaw, "Bolek", ist er seit Jahrzehnten fester Teil der Kunstszene Bremens. Am kommenden Montag sind beide zu Gast im Foyer des Kleinen Hauses im Theater Bremen. Mit einigen Unterstützern werden sie aus ihrem Buch "Partisanen der Kunst" lesen. Das gibt "einen Einblick in ihr Schaffen", wie es auf dem Buchrücken heißt, obwohl es kaum gelingen dürfte, das auf ein paar Seiten Papier zu bannen.

Das Leben der Brüder Jankowski verlief zunächst nicht eben gradlinig. Die Mutter war von den Nazis aus Polen nach Deutschland verschleppt und zur Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik gezwungen worden. Sie blieb auch nach Kriegsende, aus Angst, in der sowjetischen Heimat als Überlebende für eine Kollaborateurin gehalten zu werden. Sie lebte in verschiedenen Auffanglagern in Norddeutschland, bekam währenddessen ihre Söhne und wurde von ihrem Mann verlassen, der nach Kanada auswanderte. Erst im Bremer Norden, in Aumund, endete die Odyssee.

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Kazimierz besuchte später die damalige Hochschule für Gestaltung, studierte Malerei und Film und schließlich auch noch auf Lehramt. Dann wurde er freischaffender Künstler. Boleslaw arbeitete zunächst auf der Bremer Vulkan-Werft, widmete sich später ebenfalls der Malerei und schloss sich dem Blaumeier-Atelier an. Nun hängen einige ihrer Werke im Noon und stimmen schon einmal auf Montag ein.

Eigentlich sollten nur wenige Bilder hier ausgestellt werden, vielleicht zwei oder vier. Es sind mehr geworden, soviel sei verraten. Rebellentum ist also nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber Partisanen? "Unsere Cousins waren tatsächlich polnische Partisanen im zweiten Weltkrieg in Polen", erzählt Kazimierz, und fügt hinzu: "Beide sind von den Nazis gekillt worden." Einer von ihnen hieß Bolek und war somit Namensvetter von Boleslaw. Heute trifft also Familiengeschichte auf Kunst.

Beide malen. Boleslaw, der ältere, eher abstrakt. Kazimierz, der noch immer den Fleece-Pulli trägt, den seine Mutter ihm einst schenkte, eher figürlich. Wenn man denn solche Kategorien überhaupt aufmachen will. Trotzdem gibt es etliche gemeinsame Bilder. Ein Kunstwerk ist niemals fertig, es wird nur verlassen, hieß es bei Leonardo Da Vinci. Bei den Brüdern Jankowski kann es schon mal passieren, dass der eine verlässt und der andere dann übernimmt. Dennoch ist ihnen das Wichtigste, dass sie beide sich gut verstehen. Und das hat bislang auch immer ganz gut geklappt.

Ans Aufhören haben Kazimierz, Jahrgang 1950, und Boleslaw, Jahrgang 1947, nie einen Gedanken verschwendet. Im Gegenteil, Pläne gibt es zuhauf. Gemalt wird weiter, das ist klar. Ein Theaterstück zu inszenieren – "Verdammt, ein Künstler zu sein" – das wäre auch fein. Oder einen Roman schreiben.

Nun aber erst einmal die Lesung. Auch wenn natürlich mehr passieren wird als das. Happening wäre vielleicht das bessere Wort. Ein Klavier wird noch herangekarrt, Kurzfilme liegen bereit, auch die Stimme wird schon einmal geölt. Partisanen der Kunst eben, das soll man spüren. Nur Udo Lindenberg, der wird hier kein Stelldichein geben. Auch, wenn sie ihn sicherheitshalber einfach mal angefragt hatten.

Info

Die Partisanen der Kunst präsentieren am Montag, 24 Januar, um 19 Uhr ihr Buch im Foyer des Kleinen Hauses im Theater Bremen. Eintritt frei.

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