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Konzertkritik Stimme der Emotionen

Der französische Countertenor Philippe Jaroussky überzeugte das Bremer Publikum in der Glocke mit seiner einfühlsamen Art. Begleitet wurde er von Thibaut Garcia an der Gitarre.
27.08.2022, 16:05 Uhr
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Von Gerd Klingeberg

Die einzelne Singstimme mit Gitarrenbegleitung findet sich vor allem bei Pop- oder Folkmusik, gelegentlich auch mal beim Bänkel- oder Moritatengesang. Bei klassischen Liederabenden kommt dagegen in der Regel das Klavier zum Einsatz. Ausnahmemusiker wie der französische Countertenor Philippe Jaroussky, diesjähriger Preisträger des Musikfest-Preises, beschreiten indes gern neues Terrain. So auch anlässlich des Konzertabends, den er im Rahmen des Musikfestes gemeinsam mit dem jungen Gitarristen Thibaut Garcia in der Glocke präsentierte.

Fast ein wenig verloren wirkten die beiden sympathischen, mit großem Beifall begrüßten Künstler auf der Bühne des großen Saales. Doch mit der Intensität ihrer Darbietungen gelang es dem perfekt harmonierenden Duo in kürzester Zeit, eine geradezu kammermusikalische Intimität zu erzeugen. Liedgut unterschiedlicher Genres aus einem vierhundert Jahre umfassenden Zeitraum hatten sie zu einem in fünf Sprachen gesungenen bunten Melodienstrauß zusammengefügt.

Erster Konzerthöhepunkt

Das Eingangslied „À sa guitare“  (F. Poulenc) entpuppte sich als eine humorvoll spöttische Lobeshymne auf das sechssaitige Begleitinstrument. Mit „Caro mio ben“ (G.T.G. Giordani) folgte eine der bekanntesten und innigsten Arien der frühen Klassik – ein erster Konzerthöhepunkt, von Jaroussky samtweich vorgetragen und mit feinen Figurationen veredelt, der die Gemüter anrührte. John Dowland, der wohl berühmteste Liedkomponist der Renaissance, ist mit seinen kühnen Vertonungen eine Herausforderung für jeden Interpreten. Bei „In darkness let me dwell“ brachte Jaroussky die schier unendliche Verzweiflung und Todessehnsucht, aber auch das kurze trotzige Aufbegehren mit subtil eingefärbtem Timbre nachfühlbar zum Ausdruck.

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Beim bekannteren „Come again“ verdeutlichte er die nahezu unverblümte Erotik mit emphatischen Sehnsuchtsseufzern. Immer wieder bewies der Sänger seine außergewöhnliche Befähigung, Emotionen und Poesie der vertonten Texte mit expressiv lyrischer Stimmgebung überzeugend zu vermitteln. Äußerst zartfühlend gelang ihm dies bei W.A. Mozarts Lied „Abendempfindung“, das die Nacht als Sinnbild des nahenden, jedoch nicht erschreckenden Todes in tröstlichen Harmonien widerspiegelt. In der gar schaurigen  Ballade vom „Erlkönig“ (F. Schubert) verdeutlichte Jaroussky vor allem das einschmeichelnd Hintergründige der Titelfigur wie auch die ausgeprägte Todesangst des sterbenden Sohnes mit dramatisierender Intonation.

Mitreißendes Solo

Garcia überzeugte mit durchweg exzellenter, feinsinnig akzentuierter Gitarrenbegleitung. Virtuose Beherrschung seines Instruments demonstrierte er bei rhythmisch mitreißend vorgetragenen Solowerken wie „La Cumparsita“ (G. Rodríguez) oder dem brasilianischen „Xodó da Baiana“ (D. Reis). 90 Konzert-Minuten ohne Pause waren im Nu vorbei. Am Ende gab es Standing Ovations und frenetischen Beifall. Und, als eine der beiden Zugaben, ein ganz schlicht gesungenes, genau deshalb zutiefst zu Herzen gehendes „Ave Maria“ (F. Schubert).

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