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Musikfest Bremen: Der begnadete Perkussionist Martin Grubinger mit Familie und Freunden in der Glocke Schwere Kost, leicht serviert

Bremen. Vor zwei Jahren erlebten Besucher des Musikfests eine bewegende Uraufführung: „Gezi Park 3“ hatte der türkische Pianist und Komponist Fazil Say die Komposition betitelt, die er gemeinsam mit den Bremer Philharmonikern spielte. In dem Geschenk zum 25.
01.09.2016, 00:00 Uhr
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Schwere Kost, leicht serviert
Von Iris Hetscher

Bremen. Vor zwei Jahren erlebten Besucher des Musikfests eine bewegende Uraufführung: „Gezi Park 3“ hatte der türkische Pianist und Komponist Fazil Say die Komposition betitelt, die er gemeinsam mit den Bremer Philharmonikern spielte. In dem Geschenk zum 25. Geburtstag des Musikfests Bremen hatte Say sich (musikalisch) Gedanken darüber gemacht, was eigentlich übrig geblieben ist von jenen Tagen im Sommer 2013. Am Dienstag nun war im Großen Saal der Glocke der erste Teil der „Gezi-Park“-Trilogie zu hören, ursprünglich ebenfalls für Klavier und Orchester erdacht. Auf der Bühne standen allerdings zwei Flügel und eine ganze Reihe von Perkussions-Instrumenten, von Trommeln und Pauken über Töpfe bis zum Marimbaphon – Martin Grubinger lud ein, sich diesem und den anderen Stücken des Abends auf seine Art zu nähern.

Angereist zu dieser Mission war er mit einer Art Familienunternehmen: Mit dabei sein Vater Martin Grubinger senior, seine Ehefrau Ferzan Önder mit ihrer Zwillingsschwester Ferhan an den Flügeln und seinem Freund Alexander Georgiev – wie die Grubingers am Schlagwerk aktiv. Gemeinsam interpretierten sie Says stark deskriptiv angelegtes Werk mit schlafwandlerischer Abstimmung und hoch-sensibel eingesetzter Dramatik. Pianissimo und mit beinaher legerer Jazz-Melodik zu Beginn, steigerte sich die Beschreibung dieser so bitter endenden Tage bis zu den niedersausenden Knüppeln des „Police Raid“, mit einer beinahe körperlich zu spürenden Bedrohung durch furiose Schlagwerk-Soli und wütende Klavierattacken. Der Schluss endet trügerisch friedlich, doch harmonisch erheblich dunkler getönt.

Sollte jemand vor dem Konzert Zweifel daran gehabt haben, dass man mit Perkussionsinstrumenten mindestens genauso gut eine Geschichte erzählen kann wie mit klassischer Orchesterbesetzung; spätestens nach diesem zweiten Stück waren diese ausgeräumt. Über Martin Grubingers genialische Fähigkeiten, allem, auf das man irgendwie schlagen und klopfen kann, unterschiedlichste Stimmungen zu entlocken, mitunter auch Steinen, braucht man nicht zu diskutieren. Seine Mitmusiker standen ihm in vielem nichts nach; in punkto Ausstrahlung ist der Hoch-Sympath Grubinger allerdings schwer zu übertreffen.

Vor dem Werk von Fazil Say hatten „Grubinger & Friends“, so der Titel des Abends, sich einem Meister der Minimal Music gewidmet. Steve Reichs „Quartett für zwei Klaviere und Schlagzeug“, 2014 uraufgeführt, interpretierten Grubinger, Önder, Önder und Georgiev als stetigen, drängenden und harmonisch wie melodisch volatilen Flow, in wunderbarer Konstanz von den türkischen Klavierschwestern vorgegeben. An Grubinger und Georgiev war es, diesen mit wechselnder Rhythmik und Dynamik zu durchbrechen, was durchgehend großartig gelang. Das Publikum war damit sofort gefangen genommen – und das bei einem fast drei Stunden dauernden Programm, das mit seinem mutigen Schwerpunkt auf zeitgenössischer klassischer Musik sicherlich zu den ungewöhnlichsten Angeboten des Musikfests zählte.

Nach der Pause ging es mit einem stets unbequemen Klassiker weiter, Béla Bartóks „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“ (uraufgeführt 1938) mit ihrer oft in rhythmische Explosionen mündenden Wiederholung immer gleicher (Tritonus-)Intervalle und, wie man heute sagen würde, gesampelter Phrasen. Das Klavier reiht sich für den ungarischen Komponisten nicht umsonst in die Riege der Schlaginstrumente ein. Wieder war es an den Önder-Schwestern, dies mit kräftigem, expressivem und ungemein präzisem Anschlag belegen. Für Martin Grubinger ist die Sonate ein Lieblingsstück, wie er in einer seiner stets launigen Anmoderationen erklärte, er genoss es daher sichtlich, die vielen feinen und komplexen Schlagwerkelemente sensibel auszukosten.

Beim letzten Stück des Programms stand ganz klar Grubinger mit seinen auch enormen konditionellen Fähigkeiten im Vordergrund. Der chinesische Komponist Tan Dun lässt sich stark von Klängen inspirieren, die er der Natur ablauscht; als musikalische Meditationen über drei Katastrophen – ein Erdbeben in China 2008, Fukushima und 9/11 – hat er „The Tears Of Nature“ komponiert. Und hat es Martin Grubinger gewidmet. Eindrucksvoll demonstrierte dieser, zu welcher Tiefe des Ausdrucks er mit seinem Instrumentarium fähig ist, spielte sich in einen Furor und zu einem klatschnass geschwitzten T-Shirt. Als Zugabe gab es locker-flockig Astor Piazzollas „Libertango“. „Es ist ein Genuss hierzusein“ sagte ein strahlender Martin Grubinger zum Schluss in Richtung jubelndes Publikum. Stimmt.

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