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Schutz vor Starkregen Land unter: Wenn der Keller vollläuft

Bei Starkregen sind einige Häuser in Bremen mehr gefährdet als andere. Bremer Häuser zum Beispiel. Wir haben Günther Hillmann getroffen, der davon berichtet, wie er seinen Keller vor Überflutungen schützt.
28.05.2021, 10:51 Uhr
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Land unter: Wenn der Keller vollläuft
Von Marc Hagedorn

Das Notfallset ist Marke Eigenbau. Schläuche, Rohrstücke, Plastiktonne, Tauchpumpe. Alles aus dem Baumarkt. Rund 200 Euro dürften ihn die Materialien gekostet haben, schätzt Günther Hillmann, „in der Maischetonne würde ich lieber Bier brauen“. Aber noch wertvoller ist das Fass für ihn, wenn es in Bremen mal wieder so richtig von oben schüttet.

Bei Starkregen hat Familie Hillmann ein Problem. Dann läuft der Keller voll. Das Regenwasser vom Dach fließt in eine Abwasserleitung, die unter dem Haus verläuft. Regnet es zu stark, drückt das Wasser durch den Abfluss im Boden in den Keller. Zweimal ist das zwischen 2011 und 2015 passiert, dann hat der Hausherr rechtzeitig vor dem dritten Wassereinbruch eine Konstruktion erfunden, mit deren Hilfe er das Abflussrohr rechtzeitig entlastet, bevor das Wasser durch den Bodenablauf ins Gebäude sprudelt.

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Jens Wurthmann kennt das Phänomen. Er leitet bei Hansewasser die Privatkundenbetreuung. Sein Team berät Hauseigentümer beispielsweise bei Fragen rund um den Schutz vor Starkregen. „Das Rückstauproblem ist in Bremen ein großes Thema“, sagt Wurthmann, „warum? Wegen einer Bremer Besonderheit: der Bremer Häuser.“ Sie werden vielfach Souterrain bewohnt, Sanitäranlagen oder Bodenabläufe liegen unterhalb der Straßenoberkante. Wasser kann von unten und von oben in den Keller laufen.

Die Hillmanns wohnen in der Östlichen Vorstadt in einer typischen Bremer Reihenhaussiedlung. Gebaut in den 1930er-Jahren. Die Kanalrohre sind noch aus Steinzeug, unverändert seit damals. 1986 haben die Hillmanns das Haus gekauft, Originalunterlagen aus der Bauzeit haben sie fast keine, „ich schätze, das geht vielen Hauseigentümern hier so“, sagt er. Das erschwert den Überblick darüber, wo eigentlich genau welche Leitungen verlaufen. Hillmann hat sich mühsam viele Daten selbst zusammengesucht, selbst vermessen und selbst einen Querschnitt des Hauses am Rechner entworfen. Er hat sich viel Wissen zum Thema angeeignet im Laufe der Jahre. Umso mehr ärgert es ihn, dass bis heute keine Lösung für sein Problem gefunden wurde.

Auch Hansewasser, sagt er, sei ihm keine Hilfe gewesen. Eine Rückstauklappe einzubauen, wie ihm einmal empfohlen worden sei, komme nicht in Frage, „das wäre kontraproduktiv“, denn dann würde das Regenwasser, das vom rückwärtigen Dach in die Leitung abfließt, erst recht in den Keller drücken.

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Tatsächlich, heißt es von Hansewasser, könne ein Rückstauschutz in vielen Fällen schon die Lösung sein. „Wenn die örtlichen und baulichen Gegebenheiten es zulassen“, sagt Wurthmann, „aber das scheint in diesem Fall ja nicht so zu sein.“ Ist es komplizierter, bietet Hansewasser deshalb weitere Hilfen an, etwa eine kostenlose Vor-Ort-Besichtigung und Beratung. Man verfüge über ein großes Netzwerk an Partnern, sagt Wurthmann, man vermittle beispielsweise an den Geologischen Dienst oder an Innungen aus dem Handwerk und dem Garten- und Landschaftsbau. Weitere Angebote: eine Überflutungsgefahrenkarte, ebenfalls kostenlos, auf der ein Eigentümer für sein Grundstück sehen kann, wie gefährdet es liegt. Oder eine Kanalinspektion per Kamera, die zwar nicht ganz billig ist, aber mit bis zu 250 Euro bezuschusst werden kann.

Günther Hillmann sagt, dass für ihn bisher keine taugliche Hilfe dabei gewesen sei. Er setzt bis auf Weiteres auf sein Rettungsset Marke Eigenbau.

Zur Sache

Starkregen in Bremen

In Bremen fielen seit 2011 an der Messstation des Deutschen Wetterdienstes an acht Tagen mehr als 15 Liter pro Quadratmeter binnen einer Stunde, und zwar am 4. August 2011 (16,5 Liter pro Quadratmeter), am 17. Mai 2013 (21,1 l/m²), am 19. Juni 2013 (20,1 l/m²), am 20. Juni 2013 (27,4 l/m²), am 9. Juli 2014 (16,7 l/m²), am 10. August 2015 (16,1 l/m²), 24. Juni 2016 (15,6 l/m²) und am 15. August 2017 (18,1 l/m²).

Das bisher letzte Starkregen-Ereignis für Bremen registrierte der Deutsche Wetterdienst am 20. Juli 2019. Damals fielen innerhalb von zehn Minuten 8,1 Liter pro Quadratmeter. Statistisch gesehen passiert dies in Bremen einmal pro Jahr.

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