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Straßenumbenennung Die Georg-Elser-Allee kann kommen

Seit 1937 trägt die Langemarckstraße in der Neustadt ihren Namen. Doch ihre Tage sind gezählt: Der Beirat hat sich einstimmig für die Umbenennung in Georg-Elser-Allee ausgesprochen.
19.12.2022, 05:00 Uhr
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Die Georg-Elser-Allee kann kommen
Von Frank Hethey

Nun ist es beschlossene Sache: Am Donnerstag hat der Beirat Neustadt einstimmig entschieden, die Langemarckstraße in Georg-Elser-Allee umzubenennen. Wie berichtet, hatte die Georg-Elser-Initiative im September die Umbenennung beantragt. Wann die Straßenschilder angebracht werden und die Straße offiziell ihren neuen Namen erhält, ist noch unklar. Im Antrag von SPD und Grünen ist vom "nächstmöglichen Zeitpunkt" die Rede. Der Vorsitzende der Georg-Elser-Initiative, Jürgen Maly, könnte sich den 8. November 2023 vorstellen – den Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler: Am 8. November 1939 war der Diktator dem Sprengstoffanschlag Elsers nur knapp entronnen.

Um dem Charakter einer Allee auch wirklich Rechnung zu tragen, sieht der Beiratsbeschluss vor, entlang der gesamten Straße Bäume anzupflanzen. Zusätzlich ist laut Maly geplant, in Kooperation mit der Denkorte-Initiative Neustadt etwa sechs Infotafeln an Häuser anzubringen oder aufzustellen. Diese Tafeln sollen über Elser informieren, aber auch über jene Schlachten des Ersten Weltkriegs, denen die Langemarckstraße ihren Namen verdankt. Damit greift die Initiative eine Anregung von Anwohnern auf, ein Gedenkformat für die Gefallenen zu schaffen. "Die Geschichte soll nicht einfach gecancelt werden", sagt Maly. "Man muss ehrlich sagen: Dieses Gedenken hatten wir so nicht auf dem Zettel."

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Ein weiteres Anliegen der Elser-Initiative ist, die Umbenennung anwohnerfreundlich zu gestalten. Dabei geht es vor allem um den Aufwand, der mit Adressänderungen in Ausweisen, Versicherungen und KfZ-Scheinen verbunden ist. Für Anfang Januar hat die Initiative Gespräche mit dem Bürgeramt und der Ortsamtsleitung vereinbart. Zur Frage, wie nötige Behördengänge vereinfacht werden können, gibt es laut Maly eine Reihe von Ideen. Zum Beispiel ein mobiles Bürgeramt oder einen Amtsbesuch ohne Termin.

Zusätzlich will die Initiative "zum richtigen Zeitpunkt" ein Büro anmieten, um in öffentlichen Sprechstunden praktische Hilfe etwa beim Briefeschreiben anzubieten. Unternehmen können bei Bedarf mit einer Finanzspritze bei der Änderung von Websites rechnen. Für das Porto und andere Kosten in Zusammenhang mit der Umbenennung hat die Initiative insgesamt 100.000 Euro gesammelt. Die Gedenktafeln sollen aus einem anderen Topf finanziert werden, eine Summe von 1000 Euro ist schon zugesagt. 

Das weitere Prozedere: Das Ortsamt leitet den Umbenennungswunsch an das Amt für Straßen und Verkehr weiter. "Und dann geht das seinen Behördengang", sagt Maly. Der entsprechende Senatsbeschluss sei dann nur noch Formsache. 

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Die Langemarckstraße hat ihren Namen zuzeiten des Dritten Reichs erhalten. Im November 1937 wurde der Straßenzug Große Allee, Kleine Allee und Meterstraße umbenannt. Durch die Nationalsozialisten erhielt der sogenannte Langemarck-Mythos neuen Auftrieb – die Legende, im belgischen Langemark seien junge Regimenter am 10. November 1914 das Deutschland-Lied singend in den Tod gegangen. Vermutlich in Analogie zum "Eisernen Kanzler" Otto von Bismarck erhielt der Ortsname ein "c". Tatsächlich fanden die Kämpfe bei Bixschote statt.

Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurden etliche Straßen umbenannt. Dabei traf es in der Regel Straßen, die ihren Namen in der NS-Zeit erhalten hatten oder als Ausdruck des preußisch-deutschen Militarismus galten. Warum damals die Hohenzollernstraße umbenannt wurde, aber die Langemarckstraße ihren Namen behielt, ist nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise blieb die Umbenennung wegen des einsetzenden Kalten Kriegs auf der Strecke.

Seit den frühen 1980er-Jahren scheiterten alle Bestrebungen, die Umbenennung nachzuholen. Die Georg-Elser-Initiative war schon länger am Ball, der Ukraine-Krieg hat dem Vorhaben neuen Schwung verliehen. Im Vorfeld unterstützten auch CDU und Linke das Anliegen. Die Vertreter beider Parteien fehlten allerdings bei der entscheidenden Beiratssitzung am Donnerstag.

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