Stephan Emde von Hanse Camping am Stadtwaldsee blickt über seinen nahezu leeren Platz. „Es ist eine Katastrophe. Ich kann nicht verstehen, wie man sagen kann, dass 2020 ein tolles Jahr war“, sagt der Betreiber. Nur einige Monteure hätten sich zuletzt für eine Übernachtung angemeldet. Laut Emde ist 2020 für ihn das schlechteste Jahr innerhalb der vergangenen fünf Jahre gewesen, es seien 58 Prozent weniger Gäste gekommen. Und auch Buchungen für dieses Jahr verzeichnet Emde nach eigenen Angaben kaum: „Für Ostern keine einzige, für Juni eine Handvoll.“
Ganz anders sieht es deutschlandweit aus: Für 2020 hat der Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland eine Spitzenzahl von mehr als 34 Millionen Übernachtungen auf deutschen Plätzen verzeichnet. Nach 2018 und 2019 nimmt das Jahr den Angaben zufolge den dritten Platz in der Campinggeschichte ein. „Unter deutschen Gästen war Campingurlaub im eigenen Land so beliebt wie noch nie zuvor“, heißt es im Jahresbericht des Bundesverbands.
Bei den Saisoncampingplätze in und rund um die Hansestadt sieht es besser aus als bei den Kollegen von Hanse Camping. Für Aneta Reich, die mit ihrem Mann Kai den Fährhaus-Campingplatz bei Thedinghausen betreibt, war 2020 ein Rekordjahr. „Wir waren so ausgebucht wie noch nie und ich gehe davon aus, dass es dieses Jahr auch so sein wird“, sagt sie. Es lägen jetzt schon 60 Buchungen vor. „Sonst haben wir nie Buchungen zu dieser Zeit“, so Reich. Die 210 Plätze seien stark ausgelastet mit Dauercampern, darunter viele Bremer. Die Betreiberin geht davon aus, dass diese ab dem 1. April, dem offiziellen Start der Saison, wieder auf den Platz dürfen, ab Mitte Mai dann die touristischen Übernachtungsgäste.
Schlechter sieht es dagegen offenbar bei den Stellplätzen für Wohnmobile aus. „Wir hatten in letzter Zeit fünf Prozent der Einnahmen, die wir normalerweise haben“, sagt Hans Bahrenburg vom Stellplatz am Kuhhirtenweg. „Seit Anfang Oktober sind die Übernachtungen zurückgegangen und dann beim Lockdown komplett eingebrochen.“ Bahrenburg muss nach eigenen Angaben etwa fünf Monate ohne nennenswerte Einkünfte überbrücken. „Zurzeit gefährdet das meine Existenz noch nicht, aber wir knabbern an unserer Rente.“
Aktuell sind seinen Angaben zufolge im Schnitt zwei bis drei Fahrzeuge auf dem Platz. Und Reservierungen lägen kaum vor. „Die Wohnmobil-Szene hält sich zurück, die Leute sind verunsichert“, so Bahrenburg. Im vergangenen Jahr hätten die Wohnmobil-Reisenden „wie verrückt“ gebucht. Aber dann sei schlechtes Wetter gekommen. „Ich vermute, dass dieses Jahr wenig gebucht wird. Die Wohnmobilleute wollen sich nicht binden“, so der Stellplatzbetreiber.
Von der Politik fühlt Bahrenburg sich im Stich gelassen. „Wir haben Angst, dass wir vergessen werden“, sagt er. „Wir hängen ganz am Schluss an den Hotels dran. So etwas wie Camping, wo man eigentlich isoliert ist, fällt hinten runter.“ Mehr Abstand als mit einem Wohnmobil, wo jeder auch seine eigene Toilette benutze, ist seiner Meinung nach kaum möglich. Er hoffe, dass er zu Himmelfahrt wiedereröffnen könne.
Auch Stephan Emde vom Campingplatz am Stadtwaldsee wünscht sich mehr Unterstützung. Zwar habe ihm die Stadt die Pacht für das Grundstück für drei Monate gestundet, doch diese müsse er nun nachzahlen. „Aber ich habe keine Einnahmen und die Kosten laufen in vollem Umfang weiter. Das interessiert keinen“, sagt er. Jetzt würden die Rücklagen aufgebraucht, die Altersvorsorge schmelze.
Und auch für das laufende Jahr hat Emde kaum Hoffnung: „Ich rechne nicht damit, dass sich gegenüber 2020 etwas ändert. Die Leute sind unsicher“, sagt er. Die Aussagen der Politik sind aus seiner Sicht zu schwammig, als dass die Leute sich darauf verlassen könnten. Auch als im vergangenen Sommer alles wieder offen war, seien die Gäste weggeblieben. „Selbst da haben wir Absagen bekommen. Es waren zum Teil Risikopatienten, ältere Menschen, die aus Angst lieber zu Hause geblieben sind.“
Dabei sei auf seinem Platz mit 153 Stellmöglichkeiten der Abstand gewährleistet: Jeder habe 100 Quadratmeter für sich, es seien beispielsweise Waschbecken gesperrt worden und es gebe ausreichend Desinfektionsmittel. Emde: „Eigentlich können wir loslegen.“
Deutliche Schwankungen
Schaut man sich die Zahlen des Statistischen Bundesamtes genauer an, sieht man deutliche Schwankungen im Jahresverlauf. So waren im April (minus 99,1 Prozent), Mai (minus 34,4 Prozent) und Juni (minus 9,3 Prozent) die Zahlen der Übernachtungen auf deutschen Campingplätzen stark rückläufig im Vergleich zum Vorjahr. Im August (plus 11,7 Prozent), September (plus 56,4 Prozent) und Oktober (plus 26,1 Prozent) kamen dagegen deutlich mehr Gäste als 2019. Im November waren es dann wieder 86,1 Prozent weniger Besucher als im Vorjahr. So erklärt sich, trotz des bundesweiten Booms, die Lage der Betreiber.