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Autobahn-Gesellschaft Bremens Brücken sind marode

Tausende Brücken sind bundesweit in einem kritischen Zustand. Auch Bremens Brücken sind marode, seit Jahren werden sie nach und nach überprüft. Als nächstes sind die Weserquerungen in der Innenstadt dran.
22.08.2021, 16:00 Uhr
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Bremens Brücken sind marode
Von Pascal Faltermann

Die Aufregung ist jedes Mal groß. Wird eine Brücke ausgebessert, drohen Staus, Sperrungen und Verkehrschaos. Das war in den vergangenen Jahren in Bremen häufiger der Fall. Die großen Bauwerke – Lesum-, Stephani- und die A1-Weserstrombrücke – müssen erneuert werden. Für das Brücken-Trio ist klar, dass Neubauten her müssen. Weitere Querungen werden überprüft. In der Hansestadt stellt sich die Situation wie in ganz Deutschland dar. Die Autobahnbrücken sind marode, 3000 weisen bundesweit einen nicht ausreichenden oder ungenügenden Zustand auf. Das hatte die Autobahn-Gesellschaft des Bundes mitgeteilt. 

Die baufälligen Bauwerke sind vereinfacht ausgedrückt mit Stahl verstärkt worden – dadurch verlängert sich die Laufzeit, bis sie abgerissen werden müssen. „Das können zehn bis 20 Jahre sein“, sagt Sebastian Mannl, Leiter des Bremer Amtes für Straßen und Verkehr (ASV).

Seit Jahresbeginn hat die Autobahn GmbH mit ihrer Außenstelle in Verden alle Autobahnen und Bundesstraßen Bremens übernommen. Das heißt: Sie ist dafür zuständig, diese Bauwerke zu unterhalten, instand zu setzen und zu kontrollieren. Das ASV hat an den Bund 304 Bauwerke und Teilbauwerke abgegeben, die sich auf circa 200 einzelne Brücken reduzieren lassen. Die Stephanibrücke zum Beispiel besteht aus drei Teilbauwerken. Die A1-Weserbrücke ist in sieben Teilbauwerke unterteilt.

Die Planungen für die Ertüchtigung der drei großen Brücken hat noch das ASV erledigt. Nun hat die Planungsgesellschaft Deges als Dienstleister im Auftrag des Bundes übernommen. An der Weserstrombrücke soll laut der Deges die Sanierung im Frühjahr 2022 beginnen und die Nutzungszeit um zwölf Jahre verlängern. Parallel dazu beginnt die Planung für einen Ersatz. Bei der Lesumbrücke soll bis 2028 ein Neubau her. 

Ebenfalls in den Aufgabenbereich der Deges fällt die Brücke über die Varreler Bäke. An der Bundesstraße 75 zwischen Bremen und Delmenhorst wird seit Anfang Mai das Bauwerk in Höhe der Landesgrenze erneuert. Zurzeit ist der gesamte Verkehr auf die nördliche Brückenhälfte verlegt. „Der südliche Teil des Bauwerks ist abgerissen und wird bis in das zweite Quartal des kommenden Jahres neu errichtet“, teilt Deges-Sprecher Ulf Evert mit. Dann kommt der nördliche Teil dran. Laut Evert sind alle Arbeiten voll im Zeitplan. 

Das ASV muss sich noch um rund 460 kommunale Brücken kümmern. Laut ASV-Leiter Mannl werden derzeit die Wilhelm-Kaisen-, die Bürgermeister-Smidt- und die Karl-Carstens-Brücke (Erdbeerbrücke) untersucht und ihre Statik überprüft – eine sogenannte Nachrechnung. Ergebnisse, wie es um den Zustand der drei Weserquerungen steht, seien erst im kommenden Jahr zu erwarten. 

Einer der Hauptgründe, warum die Brücken kaputt gehen: Die Belastung der Autobahnen ist vor allem durch den Lkw-Verkehr gestiegen. „Eine Achse eines Lastwagens mit 11,5 Tonnen belastet den Asphalt in etwa so stark wie 10.000 einzelne Pkw-Achsen“, sagt Mannl. Dadurch komme es zu Rissen im Fahrbahnbelag. In den 50er- und 60er-Jahren habe man nicht mit solchen Lasten gerechnet. Deshalb seien der jeweils verbaute Stahl oder Beton irgendwann nicht mehr ausreichend. 

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Es müsse jede Brücke einzeln nachgerechnet werden, weil es keine einheitlichen Standards für die Bauwerke gebe. „Sie haben alle eine andere, eine individuelle Statik“, sagt Mannl. In Ländern wie Italien oder den Niederlanden gebe es dafür beispielsweise Standardbrücken.  

Für die Unterhaltung und die Überprüfungen der Brücken sei Geld im Bremer Haushalt eingestellt, sagt Mannl. Bislang habe man noch kaum kommunale Großbrücken erneuern müssen. Ein laufendes Bauvorhaben ist das Acht-Millionen-Euro-Projekt  „Vorlandbrücke in Borgfeld, die vom ASV grade neugebaut wird. Der Neubau einer der Weserbrücke könne dann ab 30 Millionen Euro aufwärts kosten. 

Die Übergabe an die Autobahn GmbH laufe in verschiedenen Bereichen unterschiedlich schnell, sagt Mannl. So sei man bei der Unterhaltung und den Arbeiten auf den Fernstraßen insgesamt im Zeitplan. Beim Prüfen der Bauwerke oder beim Verkehrsmanagement dauere es etwas länger.  

Der schlechte Zustand vieler Brücken in Deutschland ist seit Jahren viel diskutiertes Thema in Politik, Medien und der Fachwelt. Um einen guten Zustand und die Sicherheit von Brücken zu gewährleisten, werden bundesweit die Bauwerke systematisch nach Vorgaben des Bundes statisch nachgerechnet. Im November 2018 hatten erste Ergebnisse im Zuge der Nachrechnung für die A27-Lesumbrücke Defizite bei der Tragfähigkeit der Brücke ergeben. Weil zahlreiche Brücken überprüft werden müssen, stehen laut ASV zunächst die Hauptverkehrsstrecken im Vordergrund – also Autobahnen und Bundesstraßen. 

Die Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) benotet in einer Aufstellung mit Stand von September 2020 insgesamt 39.928 Brücken in Deutschland. Darunter 275 Teilbauwerke in Bremen. Die Liste weist die Stephanibrücke, die A1-Brücke Am Weserhof und an der Abfahrt Arsten, die Unterführungen Arberger Kanal (A1), Susiweg und Kleine Wümme (Vahr) sowie die Brücke Parallelweg (Walle) in einen nicht ausreichenden Zustand auf. Die A1-Weserstrombrücke ist in einem ungenügenden Zustand.

Die Autobahn GmbH äußert sich nur allgemein zu den maroden Brücken. Es werde aktuell "eine bundesweite Übersicht über den Zustand der Autobahnbrücken" erstellt, teilt Sprecher Patrick Amrhein mit. Die Daten werden ausgewertet und Noten für den Zustand vergeben. Es werde ein "langfristig angelegtes Modernisierungsprogramm verfolgt", um beispielsweise die Tragfähigkeit der Brücken zu verbessern. "Die Arbeiten dazu laufen konzentriert entlang priorisierter Routen", sagt Amrhein.

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Rund 3000 Brücken weisen laut der neuen Autobahn-Gesellschaft des Bundes einen nicht ausreichenden oder ungenügenden Zustand auf. Dabei fallen regionale Unterschiede auf. Der Geschäftsführer der Autobahn GmbH, Stephan Krenz, stellt insgesamt ein Ost-West-Gefälle fest. „Im Osten sind viele Brücken neuer, im Westen ist der Zustand oft schlechter“, sagte Krenz der „Welt“. Unterschiede gibt es auch in Westdeutschland: Verglichen mit den anderen Bundesländern bekommt Bayern auffällig viel Geld aus dem Topf des CSU-geführten Bundesverkehrsministeriums. Das kritisieren unter anderem die Grünen im Bundestag. Auch Zahlen aus dem „Programm Brückenmodernisierung“ von 2018 zeigen dies. Krenz fordert für die Sanierung der Autobahnbrücken mehr Geld von der Politik. Experten weisen daraufhin, dass nicht genügend Baufirmen und Baustoffe vorhanden sind. 

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