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Tempo, Bau und Verkehr Warum Bremen die Autobahnen an den Bund abgibt

Durch die Autobahn GmbH übernimmt der Bund zum 1. Januar 2021 alle Bremer Autobahnen und Bundesstraßen. Was bedeutet das für Bremens Einfluss bei der Verkehrsplanung? Fragen und Antworten.
22.12.2020, 05:00 Uhr
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Warum Bremen die Autobahnen an den Bund abgibt
Von Pascal Faltermann

Was seit Jahrzehnten von den Bundesländern abgewickelt wurde, wird künftig zentral aus Berlin gesteuert. Der Bund ist ab dem 1. Januar 2021 für alle Bremer Autobahnen und Bundesstraßen zuständig. Also für Planung, Bau und Unterhalt der Schnellstraßen. Was bedeutet das für Bremens Einfluss bei der Verkehrsplanung? Wer koordiniert die Baustellen? Fragen und Antworten.


Warum übernimmt der Bund durch die Autobahn GmbH die Zuständigkeit für Autobahnen und Bundesstraßen?

Es ist die größte Reform, seitdem 1996 die Finanzierung des regionalen Bahnverkehrs von der Deutschen Bahn an die 16 Bundesländer übertragen wurde. Es ist eine Änderung des Grundgesetzes, die man im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen getroffen hat. Es fing im Prinzip bereits 2005 an, als man prüfte, was Bund und was Länder machen. Die Verkehrsminister wollten die Zuständigkeit eigentlich gerne behalten, aber der Bundesfinanzminister setzte sich durch.

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Was ändert sich genau?

„Wenn künftig Autobahnen gebaut werden, sind wir nicht mehr Vorhabenträger“, sagt Gunnar Polzin, Leiter der Verkehrsabteilung im Bremer Mobilitätsressort. „Aber wir können städtische Positionen durchsetzen, weil wir im Zweifelsfall als Kläger auftreten könnten, wenn uns ein Ausbau nicht gefällt“, so Polzin. Mit der Anpassung der Flächennutzungspläne habe man ein wichtiges Instrument, um auf Vorhaben einzuwirken. Ein Beispiel dafür sind die gescheiterten Pläne für den Bau der A 281. Im Jahr 2010 hatte eine Anwohnerinitiative vorm Bundesverwaltungsgericht Erfolg, weil die planfestgestellte aktuelle Trasse zu weit von der Lage der Autobahn im Flächennutzungsplan entfernt geplant worden war.


Welchen Einfluss hat Bremen dann noch bei Autobahnen und Bundesstraßen?

„Man kann diese Verkehrsprojekte nicht mehr pushen“, sagt Polzin. Wenn die Autobahn GmbH (also der Bund) ein Projekt nicht angehen will, kann Bremen nichts machen. Aus diesem Grund haben das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) und die Verkehrsbehörde relativ viele Projekte beauftragt, die weiterlaufen müssen. „Die Autobahn GmbH ist Rechtsnachfolger für alle Verträge“, so Polzin. Damit müssen im Prinzip die Pläne Bremens übernommen werden. Das habe man gemacht, weil man nicht wisse, welche Prioritäten die Autobahn GmbH setze. Also ob beispielsweise der Bau der Küstenautobahn einem Bremer Projekt vorgezogen werde. Zudem befindet sich die Gesellschaft noch im strukturellen und personellen Aufbau. Noch ist unklar, wann sie die Arbeit zu 100 Prozent aufnimmt.

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Welche Vorteile ergeben sich für Bremen von dieser Reform?

„Es wird anders“, sagt Polzin. Ob es besser werde, wisse man noch nicht. Einfacher werde es, die Autobahnen als bundesweites Netz zu betrachten. Themen wie die Straßensicherheit oder Verkehrsleitsysteme können nun länderübergreifend gelöst werden. So könne man Strategien, um den Verkehr zu lenken, entwickeln. „Man wird die Unterschiede an den Ländergrenzen nicht mehr so stark haben“, sagt Polzin. Es kann vermieden werden, dass beispielsweise bei einer schlechten Fahrbahn Bremen Tempo 80 anordnet und in Niedersachsen 120 Stundenkilometer gelten. Es können einheitliche Standards geschaffen werden. Bremen wird finanziell entlastet, weil es die Planungskosten für die Autobahnen und Bundesstraßen nicht mehr tragen muss.


Welche Nachteile hat Bremen?

Die Abstimmung, was das Baustellenmanagement angeht, also das Koordinieren von zahlreichen Maßnahmen, werde nicht einfacher, eher komplizierter, sagt Polzin. Bremen muss sich künftig mit Niedersachsen für die Bundesstraßen und der Autobahn GmbH wegen den Bundesautobahnen abstimmen. In Niedersachsen sind vier Niederlassungen (Verden, Nienburg, Oldenburg, Lüneburg) sowie für Bremen die Deges und zwei Außenstellen der Autobahn GmbH (Verden und Oldenburg) einzubinden.

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Haben die Verkehrsbehörde und das ASV dann mehr Zeit für marode Fuß- und Radwege?

Es könnten Kapazitäten frei werden bei Mitarbeitern, die sich beispielsweise zuvor um Bundesfernstraßen-Themen gekümmert haben, sagt Polzin. Das sei aber überschaubar, weil ein Großteil davon sowieso schon die Planungsgesellschaft Deges übernommen hatte. Beim ASV hatte man laut Leiter Mannl bislang die Arbeit an den großen Bundesbrücken vorgezogen, jetzt gelte es die kleineren, die kommunalen Bauwerke nachzurechnen. „Wir haben dort durchaus einiges nachzuholen“, so Mannl.


Wird die Höchstgeschwindigkeit auf den Bremer Autobahnen vom Bund gesteuert?

„Für die Verkehrsbeeinflussungsanlagen gibt es eine Kooperationsvereinbarung“, sagt Sebastian Mannl. Heißt: Das ASV in Bremen steuert für den Bund und gibt so weithin das Tempo vor, das auf den technischen Anlagen auf der A 1 und A 27 angezeigt wird. Das gilt zumindest für die nächsten fünf Jahre. Auch die Verkehrsmanagementzentrale verbleibt beim ASV, um hier weiterhin das gesamte Straßennetz aus einer Hand steuern zu können.

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Zieht der Bund die Fachkräfte mit lukrativen Angeboten aus Bremen ab?

„Es gibt ein paar Abgänge“, sagt Mannl. Das habe aber meist persönliche Gründe gehabt. Die Vakanzen seien bereits alle wieder besetzt und man habe keine tatsächlichen Verluste. Nur die Autobahnmeisterei und die dort beschäftigten Mitarbeiter wechseln zur neuen Gesellschaft.


Um was kümmert sich Bremen?

Laut einer Kooperationsvereinbarung betreuen teilweise die Fachleute des ASV weiter die großen Projekte wie Lesumbrücke oder die Prüfung der Brücken. Das komplette Straßennetz (bis auf Bundesstraßen und Autobahnen) bleibt in der Verantwortung Bremens. So wird Bremen beispielsweise auch die Rad- und Fußgängerbrücken über die Weser selbst planen und bauen.


Kann der Bund bestimmte Verkehrsprojekte gegen den Willen Bremens einfach umsetzen?

Ein Planfeststellungsbeschluss (vom Bund) wird nur vollziehbar, wenn er vereinbar mit dem Flächennutzungsplan ist, den Bremen macht. „Der Bund kann sich nicht mit seiner Fernstraßenplanung gegen Städte und Kommunen durchsetzen“, sagt Polzin. Das müsse immer im Einklang passieren.

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