Der zur Hälfte gesperrte Rad- und Fußgängerweg auf der unteren Ebene der Stephanibrücke wird in den kommenden Tagen wieder komplett frei – der aufgestellte Bauzaun wird entfernt. Das teilte Sebastian Mannl, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV), am Mittwoch mit. Der Hintergrund: Das Bauwerk über die Weser, auf dem die Bundesstraße 6 verläuft, ist erneut statisch untersucht worden. Das Ergebnis dieser Nachrechnung hat ergeben, dass der Lkw- und Autoverkehr auf der Brücke weiterhin eingeschränkt werden muss – es bleibt also bei einem Überholverbot und 50 Meter Abstand für Lastwagen. Die Sperrung für Radfahrer und Fußgänger kann aber verschwinden. Ein weiteres Resultat: Der Verkehr kann noch zwölf bis 20 Jahre sicher über die Stephanibrücke fließen, dann muss ein Neubau her.
Erste Schäden 2013
Seit Jahren werden alle Brücken in Deutschland systematisch nachgerechnet, um zu ermitteln, wie tragfähig sie sind. Die Berechnungen sind umfangreich und verlaufen in mehreren Stufen, teilweise über Jahre, heißt es vom ASV. Dabei könnten rechnerische Ergebnisse, die aufgrund erster Annahmen getroffen wurden, im weiteren Verlauf durchaus einer Korrektur bedürfen. Das ist nun der Fall. „Die Brücke hat noch Reserven, die damals nicht erkannt wurden“, sagt ASV-Leiter Mannl, der im Juni die Führungsposition bei dem Bremer Straßenbauunternehmen übernommen hat.
Erste Schäden an der Brücke wurden 2013 entdeckt, das erste Ergebnis gab es 2017. Demnach war die Tragfähigkeit nicht ausreichend. In der Folge kam es zu Einschränkungen für den Verkehr. Die Fläche für den Fuß- und Radverkehr auf der unteren Ebene musste verkleinert werden, um eine mögliche rechnerische Belastung durch Menschenansammlung zu reduzieren. „Sonst hätte die Brücke ihre Betriebszulassung verloren“, sagt ASV-Sprecher Martin Stellmann. In den Richtlinien des Bundes für die Nachrechnungen solcher Brücken steht laut Stellmann, dass öffentliche Flächen auf solchen Brücken mit 300 Kilogramm pro Quadratmeter berechnet werden müssen.
„Nur mit diesen Einschränkungen war es möglich, alle Fahrspuren für den Kraftfahrzeugverkehr weiterhin zur Verfügung zu stellen“, sagt ASV-Chef Mannl. Als Alternative zur mit dem Bauzaun gesperrten Fläche auf der unteren Ebene hätte man damals die äußeren Fahrspuren für den Kraftfahrzeugverkehr sperren müssen. In der Abwägung der möglichen Auswirkungen habe das ASV die Maßnahme auf der unteren Ebene der Brücke als vertretbarer bewertet und umgesetzt, so Mannl. Es ging also um das rechnerische Gesamtgewicht, wonach mehr Fläche auch mehr mögliche Fußgänger und Radfahrer bedeutet hätten.
Im Unterschied zur ersten Brückenuntersuchung ist nun digitales Modell erstellt worden, wobei jedes Element, jede Schraube, jeder Träger und die Materialbeschaffenheit nachgebildet wurde. Der von externen Ingenieurbüros durchgeführte Prozess kostete rund 230.000 Euro, die Eigenleistung des ASV nicht mit eingerechnet. Derzeit finden noch Routineuntersuchungen an der Brücke statt und es werden Lampen durch energieeffizientere ersetzt.
Die marode Brücke erlangte 2017 bundesweit Aufmerksamkeit durch die skurrile Situation, dass der Bauzaun aufgestellt wurde. Das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ hatte die unpopuläre Maßnahme gleich zwei Mal spöttisch aufgegriffen. Es folgten Überschriften wie „Unfassbare Brückenposse in Bremen“ oder „Brücken-Irrsinn im TV verlacht“.