„Das ist hier mehr als eine Essensausgabe, wir kümmern uns auch", sagt Dagmar Altmann, während sie die Räumlichkeiten des Bremer Treffs für Gäste vorbereitet: Die ehrenamtliche Helferin wischt Tische ab, kocht Tee und Kaffee und holt kühle Getränke aus dem Keller. Zusammen mit Claudia Sanders und Manfred Redeker wird sie an diesem Abend zwischen 17 und 20 Uhr dafür sorgen, dass bedürftige Menschen eine kostengünstige Mahlzeit erhalten.
„Man sieht hier viele Menschen, denen es nicht gut geht“, sagt die 78-Jährige. Wohnungslose seien darunter und Menschen, die psychisch beeinträchtigt seien. „Manche verdienen auch nicht viel“, sagt Dagmar Altmann, sodass ihnen ein Essen mit Getränk für unter drei Euro doch recht gelegen komme.
Schlemmerfilet mit Rosmarinkartoffeln, Dip, Salat und Nachtisch stehen an diesem Tag auf der Speisekarte, außerdem eine Reissuppe und eine Kartoffelsuppe mit Speck. „Wenn jemand kommt, der gar kein Geld hat, dann bekommt er dennoch eine Suppe und ein Brötchen“, sagt Manfred Redeker.
Der 69-Jährige hilft seit fünf Jahren ein Mal pro Woche ehrenamtlich in der Bahnhofsmission. "Doch der Großteil der Gäste in der Bahnhofsmission ist ja auch hier im Bremer Treff", sagt er, "da wollte ich dann auch einen Tag mithelfen.“ In der Begegnungsstätte engagiert er sich inzwischen auch schon vier Jahre ehrenamtlich.
Nach einer Zeit in einem stressigen Job habe er nach seiner Pensionierung nicht nur freie Zeit haben wollen, sondern auch "Menschen Zeit schenken, denen es längst nicht so gut geht wie mir". Daher suchte er sich eine Aufgabe, bei der er sich auch selbst wohlfühlt.
„Wir sind für jeden Menschen da, der kommt“, betont Manfred Redeker. Am besten gefällt ihm der Kontakt mit den Besuchern. „Vor Corona war der soziale Bereich größer", sagt er bedauernd, "da haben wir uns viel mit den Gästen unterhalten." Dennoch wirkt er insgesamt zufrieden: „Montags Bahnhofsmission, freitags Bremer Treff und dazwischen viele Tage, an denen ich frei habe. Dann hat die Woche Struktur.“
Einen anstrengenden Job hatte auch Claudia Sanders: „Und dann geht man in Rente und fragt sich, was man noch tun kann", erzählt sie. Durch die Ansprache einer Bekannten hat sie sich den Bremer Treff persönlich angeschaut. „Ich habe 2010 hier angefangen“, erzählt die heute 56-Jährige, die darüber hinaus noch bei der "Bremer Tafel" freiwillig mitarbeitet.
Beim Bremer Treff habe sie zunächst damit begonnen, hinterm Tresen Brötchen zu schmieren. „Da fand Kommunikation nur sehr begrenzt statt", sagt sie rückblickend. "Jetzt ist das anders. Da freut man sich schon, das eine oder andere Gesicht wiederzusehen.“ Wobei die Begegnungen mitunter ergreifend seien, gesteht sie. „Und das bewegt einen dann auch länger, trotz all der Jahre. Das lässt einen nicht los. Dann redet man darüber mit dem Team oder mit der Familie.“
Mittlerweile ist die Tür der Begegnungsstätte geöffnet, die ersten Gäste treffen ein. Jeder Kunde hat sich vorher angemeldet und füllt nun am Tisch das Formular mit Namen und Telefonnummer sowie Uhrzeit der Ankunft aus. In Corona-Zeiten hat der Bremer Treff ein Schichtsystem eingeführt: Von 17 bis 20 Uhr haben die Gäste für jeweils 45 Minuten Zeit, zu essen, zu trinken und sich auszuruhen. Danach wird gelüftet, die drei Ehrenamtlichen reinigen Tische und Stühle und bereiten den Essensraum mit Platz für 15 Personen für die nächste Schicht vor.
Sonst seien zwischen 80 bis 100 Personen gekommen, sagt Dagmar Altmann zurück. Das sei dann schon recht eng geworden. „Doch zurzeit ist das alles heruntergefahren, damit die Hygienebestimmungen eingehalten werden.“
Im Vergleich zu normalen Zeiten, also vor der Pandemie, sei es weniger stressig, urteilt Dietmar Melcher. „Es gibt auch weniger Streit unter den Gästen, sie wissen, dass sie einen Platz bekommen", sagt der Leiter der Begegnungsstätte in der Altstadt. "Das ist auch für uns entspannter.“
Insgesamt aber seien es mehr Personen geworden, die das Angebot des Bremer Treffs und auch das der Bremer Tafel oder des Café Papagei wahrnähmen, sagt er. „Und wir haben das Ende noch nicht erreicht", betont Dietmar Melcher. "Durch Corona geraten noch mehr Menschen in Armut. Und das sind nicht nur Obdachlose, sondern auch Hartz-IV-Empfänger.“
Mehr als 40 Ehrenamtliche engagieren sich im Bremer Treff. Ohne sie, da ist sich der Leiter sicher, würde er nicht existieren. „Die Menschen sind ja nicht nur dazu da, um Kaffee zu servieren und Geschirr zu spülen, sondern auch, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“
Die Freiwilligen können Dietmar Melcher zufolge ihre Zeit frei aussuchen. Außerdem bietet der Treff Fortbildungen an. „Ein familiäres Miteinander", betont der Leiter der Begegnungsstätte. "Die Atmosphäre und der Umgang untereinander machen es aus: angenehm und respektvoll.“ Manfred Redeker und die anderen Helfer motivieren besonders die dankbaren Rückmeldungen der Gäste. "Ich finde das richtig schön, hier zu sein", sagt er.