Polizei, Feuerwehr und weitere Einsatzkräfte, darunter Ärzte und Pflegepersonal in der Notaufnahme, bereiten sich auf die Silvesternacht vor. Nachdem es zum Jahreswechsel 2016/2017 in Bremen-Nord gleich drei gravierende Vorfälle gegeben hat, verstärkt insbesondere die Polizei die Zahl der Beamten, die in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar auf den Straßen im Norden Bremens unterwegs sein werden.
Rückblick auf die Silvesternacht vor einem Jahr: Ein 15-jähriger syrischer Flüchtling wird am frühen Neujahrsmorgen an der Lüssumer Heide von einer Gruppe bis in ein Lokal verfolgt und dort so heftig verprügelt, dass er eine Woche später im Krankenhaus an den Folgen seiner schweren Verletzungen stirbt. Ein Mob aus etwa 30 Personen attackiert an der Friedrich-Klippert-Straße nahe der Grohner Düne Streifenwagen und mehrere Polizisten so heftig mit Flaschen und Böllern, dass sie sich zurückziehen müssen. Bei dem Angriff werden die Scheiben von zwei Streifenwagen zerstört. Und in der George-Albrecht-Straße müssen Bereitschaftskräfte bei einem Streit zwischen 50 Personen eingreifen.
Für den Fall, dass es in diesem Jahr wieder zu größeren Einsätzen kommen sollte, hat sich die Polizei vorbereitet. Wie viele Beamte genau im Einsatz sein werden, will Gundmar Köster, Sprecher der Polizeiinspektion Nord-West, aus taktischen Gründen nicht sagen. Aber er betont, dass die Kräfte verstärkt werden und mehr Polizisten auf den Nordbremer Straßen Streife fahren werden, als im vergangenen Jahr. In besonderen Situationen, so Köster, bestehe darüber hinaus die Möglichkeit, Kräfte aus anderen Stadtteilen zur Unterstützung anzufordern.
"Die Aggressionen nehmen zu"
„Wir gucken vorab, an welchen Orten etwas passieren könnte“, sagt der Polizeisprecher. Als Beispiele nennt er die Grohner Düne, den Vegesacker Bahnhofsvorplatz und die George-Albrecht-Straße. Des Weiteren habe die Polizei öffentliche Silvesterfeiern und größere Menschenansammlungen besonders im Blick, wie sie zu Silvester erfahrungsgemäß beispielsweise am Utkiek in Vegesack zusammenkommen.
Nicht nur die Polizei, auch Rettungskräfte haben in der Silvesternacht viel zu tun. Die Gründe sind oftmals zu viel Alkohol, Verbrennungen durch Feuerwerkskörper, aber auch gewalttätige Auseinandersetzungen auf Silvesterpartys. Weil sich die Aggressionen dann häufig sogar gegen die Helfer – Ärzte und Pflegekräfte – richten, konzentriert sich der Sicherheitsdienst im Klinikum Bremen-Nord in der Silvesternacht ganz besonders auf die Notaufnahme des Krankenhauses, um die Helfer dort zu beschützen.
Chefarzt Frank Wösten, der die Notaufnahme am Klinikum Bremen-Nord leitet, erläutert den Hintergrund dieser Sicherheitsmaßnahme: „Die Aggressionen nehmen zu. Das merken wir in allen Bremer Notaufnahmen. Es ist ein Trend zu beobachten, dass die Hemmschwelle sinkt, die Aggressionen an den Helfern auszulassen.“ Neben dem Einsatz des Sicherheitsdienstes bestehe zusätzlich ein enger Kontakt zur Polizei, so Wösten.
Weil die Zahl der Patienten in der Silvesternacht erfahrungsgemäß hoch ist, ist in der Notaufnahme eine Pflegekraft mehr im Einsatz. „Wir haben im pflegerischen Bereich eine zusätzliche Nachtwache eingeteilt.“ Die Zahl der Ärzte werde indes nicht verstärkt. „Es gibt ja auch nicht mehr Behandlungsräume“, sagt Wösten. Es könne zu etwas längeren Wartezeiten kommen als sonst. Die Pflegekräfte schätzten die Behandlungsdringlichkeit der Patienten jedoch schnell nach dem sogenannten Manchester-Triage-System ein. Schwerer Erkrankte werden dann vorrangig ärztlich versorgt.
Im vergangenen Jahr sind in der Silvesternacht in der Notaufnahme des Nordbremer Krankenhauses zwischen 18 Uhr und 6 Uhr nach Angaben des Chefarztes 57 Patienten behandelt worden. Zum Vergleich: In einer gewöhnlichen Sonnabendnacht kommen im Schnitt rund 30 Patienten in die Notaufnahme. Zum Jahreswechsel 2016/2017 mussten zufällig zusätzlich mehrere schwer internistisch Erkrankte behandelt werden. In der Regel erwarten die Ärzte und Pflegekräfte jedoch vor allem Verletzungen, die durch Schlägereien verursacht wurden, sowie Schnitt- und Schürfwunden. „Brandwunden und Knalltraumen durch Böller sind gar nicht so häufig.“
Auch für die Feuerwehr ist die Silvesternacht stets besonders arbeitsintensiv. Vor einem Jahr hatte die Berufsfeuerwehr in Bremen-Nord sechs Einsätze, die Nordbremer Freiwilligen Feuerwehren waren siebenmal im Einsatz. Hinzu kamen 31 Einsätze des Rettungsdienstes. Andreas Desczka, stellvertretender Pressesprecher der Berufsfeuerwehr Bremen, weiß aus Erfahrung, dass es bis Mitternacht in der Regel noch recht ruhig zugeht. Danach folgt dann aber oftmals ein Einsatz auf den nächsten. „In der Leitstelle kommen die Kollegen um 0 Uhr meistens gerade noch dazu, sich ein frohes neues Jahr zu wünschen. Dann geht es los und die Telefone stehen nicht mehr still.“ Aus diesem Grund werde die Leitstelle am letzten Tag des Jahres personell verstärkt, die Urlaubsquote herabgesetzt.
In Bremen-Nord sind am 31. Dezember 13 Feuerwehrbeamte im Dienst, von 7 Uhr bis 7 Uhr am nächsten Tag. „Einer ist auf dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) am Krankenhaus im Einsatz“, erläutert Desczka. Dazu kommt ein Notarzt auf dem NEF. Auch ein Rettungswagen, der an der Feuerwache 6 in Aumund stationiert ist, wird durch die Berufsfeuerwehr besetzt. Insgesamt, so der Sprecher, seien vier Rettungswagen (RTW) im Einsatz. Einer wird durch den ASB besetzt, zwei weitere durch das DRK. Zusätzlich könne im Notfall durch die Feuerwehr ein weiterer RTW in Dienst genommen werden.
Der Dienst zu Silvester sei schon etwas Besonderes, findet Desczka. „Einerseits wird es irgendwann Routine, weil man den Dienst im Laufe der Jahre ziemlich häufig macht. Andererseits ist es der einzige Tag im Jahr, an dem man vorher weiß, dass viel los sein und dass etwas passieren wird. Aber man weiß nicht, was genau passiert. Und das ist ein gewisser Nervenkitzel.“
Zusätzlich zur Berufsfeuerwehr sind alle fünf Freiwilligen Feuerwehren in Bremen-Nord einsatzbereit, um mögliche Brände zu bekämpfen. Während die Freiwilligen Wehren im Regelbetrieb bei größeren Einsätzen zur Verstärkung der Berufsfeuerwehr alarmiert werden, informiert die Leitstelle sie am Silvesterabend direkt über jeden Einsatz – auch über kleinere. Die übernehmen die Freiwilligen dann oftmals eigenständig, um ihre Kollegen der Berufsfeuerwehr zu entlasten.
Lediglich die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Burgdamm verbringen den Abend gemeinsam im Gerätehaus, die anderen sind im Bereitschaftsdienst zu Hause oder auf Feiern und werden per Funk alarmiert. Die Burgdammer Mitglieder feiern indes gemeinsam mit ihren Familien an der Wache den Jahreswechsel. „Für die Kameraden, die bei Einsätzen ausrücken, gibt es natürlich keinen Alkohol“, betont Wehrführer Sergio Griesbach. Dafür gibt es ein gemeinsames Essen. Ebenso halten es die Beamten in der Feuerwache 6. „Oft gibt es auf den Wachen zu Silvester ein kaltes Büfett“, erzählt Andreas Desczka. „Das ist besser als warmes Essen. Schließlich kann es gut sein, dass die Kollegen zwischendurch zum Einsatz müssen.“