Nach einer Analyse des Portals Immowelt sind die Nettokaltmieten bei Neuvermietung in Bremen in den vergangenen fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen, in Bremerhaven betrug die Steigerung 19 Prozent. Bremen liegt mit der Steigerung noch vor Hamburg (+ 19 Prozent) und Hannover (+16 Prozent).
"Fast jeder Mieterwechsel führt zu einer Verteuerung", sagt Kornelia Ahlring, Geschäftsführerin vom Mieterverein Bremen. Und wo der Konzern Vonovia Wohnungen übernommen hat, seien die Mieten wegen der folgenden Modernisierung gleich um acht bis elf Prozent angehoben worden. In den Jahren 2018 und 2019 hätten den Mieterverein ungewöhnlich viele Klagen wegen starker Mieterhöhungen erreicht.
Beim Eigentümerverband Haus & Grund betont man zunächst, dass es bei den Bestandsmieten in Bremen keine deutlichen Mietsteigerungen gebe. "Vergleicht man beispielsweise den Anstieg des Baupreisindexes, so sind die Baukosten um mehr als 20 Prozent gestiegen", sagt Geschäftsführer Ingmar Vergau. Das würde eine entsprechende Erhöhung der Mieten notwendig machen, um Instandhaltungs- und Modernisierungskosten aufzufangen.
Zudem würde die Analyse von Immowelt nur Angebotsmieten berücksichtigen, deshalb sei sie "nicht repräsentativ für den tatsächlichen Wohnungsmarkt". Darauf weist man auch im Bauressort hin: "Der Median der Bestandsmieten lag 2016 bei 5,61 Euro pro Quadratmeter. Die Angebotsmiete bei Immowelt lag 2016 bei 7,00 Euro", sagt Sprecher Jens Tittmann. "Das sind also schon ziemliche Unterschiede."
Groß ist auch der Abstand zu anderen norddeutschen Großstädten: Während die aktuelle mittlere Kaltmiete in Bremen laut Immowelt bei 8,40 Euro pro Quadratmeter liegt, sind es in Hamburg 12,50 und in Hannover 9,30 Euro. Selbst in Oldenburg (9,00) und Göttingen (9,30) ist gemieteter Wohnraum teurer. Bremerhaven gehört mit 5,70 Euro zu den billigsten Großstädten, nur in Chemnitz und Salzgitter mietet man noch günstiger.
Der Wohnungsbau in Bremen wird unterschiedlich bewertet. "Die Baufertigstellungen haben sich im Vergleich zu 2010 teilweise verdreifacht", betont Tittmann. Allerdings sei Neubau in der Miete meist teurer als Bestandsbau, trage also zur Preissteigerung bei. "Zugleich haben wir aber mit der Sozialwohnungsquote von zuerst 25 und jetzt 30 Prozent auch viel bezahlbaren Wohnraum geschaffen, der seit 2012 bei 6,50 Euro pro Quadratmeter gedeckelt ist."
Vergau fordert jedoch noch mehr Wohnungsbau, damit Bürger nicht ins Umland abwandern: "Hier sollte das Bauressort mögliche Investoren nicht durch unnötige Reglementierungen wie die Mietpreisbremse, die Kappungsgrenzenverordnung, Spielplatzverordnungen, unnötige Stellplatzverpflichtungen, Mobilitätszuschläge auf die im Bundesvergleich überhöhte Grundsteuer oder durch eine überdurchschnittliche Grunderwerbsteuer vergraulen."
"Vor allem im mittleren Preissegment entstehen viel zu wenig Wohnungen", kritisiert auch der Bau-Deputierte Michael Jonitz (CDU). So könnte die städtische Wohnungsbaugesellschaft Brebau mehr Wohnraum schaffen. "Außerdem fehlt Personal in den Genehmigungsbehörden, um Bauanträge und Planverfahren schneller abschließen zu können." Stattdessen stiegen die Mieten nicht mehr nur in den "Hotspots Viertel, Findorff, Östliche Vorstadt und Schwachhausen", sondern auch in der Vahr, Walle und Gröpelingen.
Ob ein qualifizierter Mietspiegel ab 2024 die Preise dämpft, ist für die Experten offen. Rund 60 Prozent der Bremer Wohnungen werden von privaten Kleinvermietern angeboten. "Die haben eher ein Interesse an langfristigen Bindungen als an hohen Renditen", sagt Tittmann. Wenn sie sich künftig an einem Mietspiegel orientieren, könne dies zu Steigerungen führen - eine Sorge, die der Mieterverein teilt. Falk Wagner (SPD) rechnet als Sprecher der Baudeputation eher mit einer Entspannung bei den Angebotsmieten - also dem Segment, dass Immowelt ausgewertet hat. "Mit einem Mietspiegel kann die Mietpreisbremse bei Neuvermietungen endlich greifen", sagt er. Haus & Grund hingegen erhofft sich "Transparenz bezüglich des angeblich überhitzten Mietmarktes und angeblich überhöhter Mieten in Bremen" - aber nur, wenn er jahresaktuell erstellt wird. Das könnte schon an den Kosten scheitern, die Tittmann mit rund 200.000 Euro beziffert.