Berichte und Bilder von der Flucht der Menschen aus der Ukraine lassen Radovanka Strajnic keine Ruhe. Vor allem das Schicksal von Kindern und Jugendlichen berührt sie sehr: Minderjährige, die in den Wirren der Flucht von ihren Eltern getrennt wurden – oder keine mehr haben. „Meine eigenen Kinder sind schon groß und aus dem Haus“, sagt die 51-jährige Busfahrerin aus Osterholz-Tenever. „Mein Lebensgefährte und ich würden gerne einem Kind ein neues Zuhause geben. Da muss man doch helfen können“, ist sie überzeugt. „Aber es ist nicht einfach, Informationen zu bekommen, wie das geht.“
Unter den circa 5500 Ukrainerinnen und Ukrainern, die sich nach Kenntnis der Sozialbehörde vergangene Woche in der Stadt Bremen aufhielten, seien 25, „die als unbegleitete Minderjährige eingereist sind oder deren Status sich derzeit noch in Prüfung befindet“. Junge Menschen, die in sogenannten Fluchtgemeinschaften mit Erwachsenen eingereist seien, würden nach Prüfung durch das Jugendamt in der Regel gemeinsam mit den Erwachsenen untergebracht und betreut. „Sofern sie allein gereist sind, werden sie in bremischen Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht und von freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe betreut.“
Erste Adresse in diesen Angelegenheiten ist das Amt für soziale Dienste, das über die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien und -stellen entscheidet. Die Vermittlung übernimmt die gemeinnützige Gesellschaft Pflegekinder in Bremen (PiB), an die auch die senatorische Behörde für Soziales, Jugend, Integration und Sport verweist. Das PiB-Bildungszentrum bietet eine Reihe von Informationsabenden an, bei denen sich Interessenten über alle wesentlichen Fragen ins Bild setzen können.
„Das Engagement, einem Kind einen Platz in der Familie zu geben, ist toll. Wir haben grundsätzlich viel weniger Pflegefamilien als benötigt“, sagt PiB-Geschäftsführerin Judith Pöckler-von Lingen. „Wir dürfen aber nicht in Aktionismus verfallen, man kann die Kinder nicht verschieben.“ Um ihre Interessen zu wahren, müsse einiges geklärt werden. Angehende Pflegeeltern müssen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis und ein Gesundheitszeugnis vorlegen, zudem eine Qualifizierung durch das BiP mitmachen und sich zum Hausbesuch bereithalten. Alles in allem, sagt Judith Pöckler-von Lingen, dauere das Verfahren von der Schulung, bis schließlich das polizeiliche Zeugnis vorliege, erfahrungsgemäß rund sechs Wochen.