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Umstrittener Vorstoß der Bremer SPD Mindestlohn sorgt für Streit in der Koalition

Bremen. SPD und Grüne sind sich einig: 8,50 Euro ist das Mindeste, was in Bremen als Lohn gezahlt werden sollte - in der öffentlichen Verwaltung und bei öffentlichen Aufträgen wird dies bereits vorausgesetzt. Hier aber endet die Gemeinsamkeit.
05.12.2011, 05:00 Uhr
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Von Rainer Kabbert

Bremen. SPD und Grüne sind sich einig: 8,50 Euro ist das Mindeste, was in Bremen als Lohn gezahlt werden sollte - in der öffentlichen Verwaltung und bei öffentlichen Aufträgen wird dies bereits vorausgesetzt. Hier aber endet die Gemeinsamkeit. Die Sozialdemokraten legten einen Gesetzentwurf zum Thema vor, die Grünen aber erteilten einen Prüfauftrag an den Senat, ob sich Bremen einen gesetzlichen Mindestlohn in weiteren Bereichen leisten kann.

Bremen. Es knirscht im Koalitionsgebälk. In aller Regel bringen SPD und Grüne gemeinsame Gesetzentwürfe in die Bürgerschaft ein. Beim Mindestlohn ist das anders. In der vergangenen Woche hat die sozialdemokratische Fraktion einen Entwurf für ein Landesmindestlohngesetz verabschiedet, der mitnichten mit dem Koalitionspartner abgestimmt ist.

In dem SPD-Antrag wird der Mindestlohn von 8,50 Euro nicht nur im Kernbereich der öffentlichen Verwaltung und bei der öffentlichen Auftragsvergabe gefordert, sondern auch in Unternehmen, in denen Bremen einen beherrschenden Einfluss ausübt. Zudem soll Mindestlohn in Firmen gezahlt werden, die aus bremischen Kassen Zuwendungen erhalten - etwa die Wohlfahrtsverbände. Eine Landesmindestlohn-Kommission soll Vorschläge für die Höhe des Minimums formulieren.

Im Grunde hätten die Grünen nichts gegen diese Forderungen, sie waren sogar ein paar Tage eher dran, mit ihrem Antragsentwurf für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Doch offenbar wollen sie das Thema Landesgesetz auf die lange Bank schieben. Denn vor der Verabschiedung von Paragrafen in der Bürgerschaft fordern sie in ihrem Antrag die Prüfung, "ob und in welcher Weise im Einflussbereich staatlichen Handelns die Zahlung von 8 Euro 50 gewährleistet werden kann". Dafür geben sie dem Senat bis Ende April Zeit. Zwischenzeitlich soll der Senat sich im Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn auf Bundesebene einsetzen.

Dieter Reinken, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD, will den Gesetzentwurf seiner Fraktion so schnell wie möglich im Parlament in geltendes Recht verwandeln. Die Grünen fordern einen Prüfbericht in fünf Monaten: Streit scheint sicher. "Nein", versichert Frank Willmann, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Grünen, "wir haben keinen Zwist." Er lobt denn auch die Sozialdemokraten, ihr Gesetzentwurf sei ein "charmanter Ansatz" - um den Koalitionspartner gleichzeitig abzuwatschen: "Es ist sehr kurzsichtig, nur auf die Landesebene zu gucken."

Die Grünen haben die Bundesebene im Blick und fürchten, ein bremisches Landesmindestlohngesetz könnte durch ein Gesetz des Bundestags - Bundesrecht bricht Landesrecht - ausgehebelt werden. Deshalb die Forderung, im Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn zu kämpfen. Außerdem haben sie Zweifel, ob sich Bremen den gesetzlichen Mindestlohn überhaupt leisten kann: "Wenn wir die Initiative wollen, müssen wir wissen, ob wir sie finanzieren können", gibt Willmann zu bedenken, "da sind wir konservativ". Eventuelle Mehrkosten im Haushalt hat auch die SPD im Blick, ebenso Kostenbelastungen für die private Wirtschaft. Doch Reinken will nicht akzeptieren, den Mindestlohn nur deshalb nicht durchzusetzen, weil diese Probleme entstehen könnten.

"Ich freue mich schon auf die Entgelt-Verhandlungen mit den Behörden, wenn der Mindestlohn Gesetz wird", sagt Sylvia Gerking, Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, "dann kann ich mit dem Gesetz argumentieren." Bremen zahlt Zuwendungen (Paragraf 4 des SPD-Entwurfs) etwa für Fahrdienste und Tagespflege, die Entgelte sind Verhandlungssache.

Bernd Schneider, Sprecher von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), bestätigt: "Die Wohlfahrtsverbände haben signalisiert, dass sie einen gesetzlichen Mindestlohn in die Verhandlungen einbringen würden." Doch er hofft auch: "Vielleicht heben sich die finanziellen Effekte auf." Behörden entrichten höhere Entgelte, Unternehmen zahlen dann bessere Löhne - und die bremischen Landesetats würden von Unterstützungsleistungen für Geringverdiener entlastet.

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