Bremen. Auf rund drei Dutzend schätzt die Innenbehörde die Zahl der „Hells Angels“ in Bremen; die meisten von ihnen sind der Polizei bekannt. Die jetzt verbotene Gruppe „Hells Angels MC Bremen“ soll zwölf Mitglieder gehabt haben. Die Polizei wird auch nach dem Verbot verstärkt ein Auge auf die Rocker haben.
„Es ist klar, dass mit dem Verbot der Bremer ,Hells Angels’ nicht die kriminellen Aktivitäten aus der Welt sind“, sagt Rainer Gausepohl, Pressesprecher von Innenminister Ulrich Mäurer (SPD). Der hatte in der vergangenen Woche die Gruppierung verboten und das Vereinsvermögen beschlagnahmen lassen. Gausepohl: „Damit dürfen sie auch ihre Kutten nicht mehr tragen – ein martialisches Auftreten, auf das sie bei ihren Motorradausfahrten großen Wert legen.“ Gausepohl geht davon aus, dass die Rocker sich weitgehend an dieses Verbot halten werden.
Eine Erfahrung, die in anderen Bundesländern bereits gemacht wurde. So sind 2010 in Schleswig-Holstein die „Hells Angels“ Flensburg und die „Bandidos“ Neumünster vom Innenministerium verboten worden, 2012 dann auch die „Hells Angels“ Kiel. Stefan Jung, Pressesprecher des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein: „Bei der Umsetzung dieser Verbotsverfügungen gab es keine Probleme.“ Beide Rockergruppen hielten sich an das Kuttenverbot, seien aber gerichtlich gegen die Vereinsauflösungen vorgegangen. Ohne Erfolg. Ehemalige „Bandidos“-Mitglieder aus Neumünster seien nach dem Verbot allerdings in der Kutte der „Bandidos“ Padberg aufgetreten, einem dänischen Ort unmittelbar an der Grenze bei Flensburg. Jung: „Sie haben versucht, dort Fuß zu fassen und ein Vereinsheim zu eröffnen.“
Dagegen sei die Polizei sofort vorgegangen und habe die neuen Vereinsinsignien sichergestellt. „Danach hat sich die Lage beruhigt“, so Jung. Noch nicht verboten seien derzeit die „Hells Angels“ in Norderstedt und Lübeck. Aber auch auf die habe die Polizei ständig ein Auge. Jung: „Wir fahren eine Null-Toleranz-Strategie gegen das kriminelle Rockermilieu.“
Bundesweit sind inzwischen zehn sogenannte Charter der „Hells Angels“ verboten worden. Den Anfang hatte Hamburg schon 1983 gemacht. Verboten wurden Gruppierungen außerdem noch in Berlin, Düsseldorf, Pforzheim und Köln sowie zwei in Frankfurt.
In Köln hatte es die „Hells Angels“ im Mai 2012 erwischt. „Sie sind seitdem nicht mehr aktiv und tragen auch ihre Kutten nicht mehr“, so Wolfgang Beus, Pressesprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Das Rockerproblem ist damit aber nicht gelöst. So gibt es laut Beus in Nordrhein-Westfalen 23 Chapter der „Bandidos“ mit etwa 450 Mitgliedern und sechs Charter der „Hells Angels“ mit etwa 280 Mitgliedern. Außerdem gibt es die Rockergruppen „Gremium“ (180 Mitglieder), „Outlaws“ (70), „Satudarah“ (20 bis 30 Mitglieder) sowie „United Tribunes“ mit etwa 30 Mitgliedern. Beus: „Und dann sind da noch die ,Black Jackets’, eine rockerähnliche Gruppierung ohne Motorräder.“ 43 Mitglieder seien der Polizei bekannt.
Sorgen bereiten der Innenbehörde in der Landeshauptstadt Düsseldorf vor allem die „Satudarahs“, die sich mit den „Hells Angels“ in Duisburg einen gewalttätigen Kampf liefern. Beus: „Die Gruppe kommt aus den Niederlanden und drängt jetzt über Nordrhein-Westfalen nach Deutschland.“ Sie bestehe im Wesentlichen aus Mitgliedern mit indonesischem Migrationshintergrund. Zwei von ihnen säßen derzeit in Untersuchungshaft, darunter auch ihr „Präsident“.
Mit einer Panne hatte das Verbot der „Hells Angels“ in Berlin vor gut einem Jahr begonnen – die Durchsuchungsmaßnahmen waren vorher durchgesickert. „Deswegen mussten sie bereits einige Stunden früher als geplant beginnen“, so Tatjana Pohl Pressesprecherin beim Innensenator. Hinweise, dass gegen dieses Verbot verstoßen werde, lägen nicht vor. Die Zahl der Rocker in Berlin schätze das Landeskriminalamt (LKA) auf etwa 1000, davon würden 100 besonders vom LKA in den Blick genommen.
Die Bremer Polizei wird auch nach dem Verbot die „Hells Angels“ beobachten. Rainer Gausepohl: „Sie wird unter anderem ein Auge drauf haben, ob eine Ersatzorganisation oder ein Vereinslokal gegründet werden soll.“ Verstöße gegen das Verbot können mit einer Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Haft geahndet werden.
„Verbot und Druck haben in der Rockerszene zu einer deutlichen Verunsicherung geführt“, so die Einschätzung von Wolfgang Beus aus Düsseldorf. Und dieser Druck werde aufrechterhalten. „Die Polizei steht denen mächtig auf den Füßen.“