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Bremer Schwinghocker Mit Mathilde gegen müde Beine

Überseestadt. Eine alte Schrankwand oder ein Lattenrost waren die Ausgangsmaterialen für einige Studenten der HfK. Beim "Upcycling" wird aus alt ganz schnell neu. Was sich die Studenten haben einfallen lassen, zeigen die Hochschultage.
06.02.2014, 00:00 Uhr
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Von Anne Gerling

Immer Anfang Februar kann man in die Hochschule für Künste kommen und zwei Tage lang gucken und staunen. Dann nämlich stellen die Studierenden aller Studiengänge der HfK ihre aktuellen Arbeiten und Semesterprojekte vor. Zu sehen und erleben sind Malerei, Installationen, Zeichnung Illustration, Videokunst, Design, Mode, Digitale Medien und Musik. Tausende Besucher kamen in den vergangenen Jahren, am kommenden Wochenende ist es wieder so weit.

Hoch konzentriert und unermüdlich wirbeln sie diese Woche wieder durch die Gänge der Hochschule der Künste. In Unterrichtsräumen, Ateliers, Werkstätten und Studio, ja, sogar auf den Gängen hängen, stellen und drapieren sie ihre Arbeiten: Am Wochenende wollen die Studierenden der Hochschule für Künste zeigen, was sie drauf haben. Dann nämlich öffnet die HfK ihre Türen für die Hochschultage 2014. Kunst, Design, Musik, Mode und Medien – schätzungsweise 6000 bis 8000 Besucher werden kommen, um zu gucken, was die Künstler im Speicher XI eigentlich so machen.

Knapp 50 Studenten haben im Oktober ihr Studium im Bereich „Integriertes Design“ aufgenommen und haben schon mal vorab verraten, was sie den Besuchern bei den Hochschultagen so alles präsentieren wollen. Bei ihnen dreht sich alles um das Thema „Analog“.

Gleich im Foyer der Hochschule begrüßen zum Beispiel die in Ursula Zilligs Mode-Seminar entstandenen „Indoor Camper“ die Besucher. Hier wurden von den Studierenden ausrangierte Camping-Zelte zu extravaganten Kleidungsstücken umfunktioniert. Wer das tragen soll? Darum geht es gar nicht, wie Detlef Rahe anmerkt: „Das muss nicht produzierbar und tragbar sein. Es geht darum, das Entwerfen zu lernen. Und um eine Übung darin, kreative Lösungen zu erzeugen.“

Es dreht sich alles um „Analog“

Rahe ist an der HfK Professor für dreidimensionales Design im Fachbereich Kunst und Design, Integriertes Design. „Integriertes Was?“ möchte man ausrufen. Und siehe da – genauso heißt eine eigene kleine Ausstellung, die Studierende von Benjamin Stuck entwickelt haben. Darin werden Aufbau und Struktur dieses Studienmodells vorgestellt, das die HfK zum Wintersemester 2000 als eine der ersten Hochschulen eingeführt und seitdem kontinuierlich weiter entwickelt hat.

Im Vordergrund steht dabei das kreative und interdisziplinäre Arbeiten – unter anderem auch in diversen Werkstätten – wobei nicht mehr nach den herkömmlichen Disziplinen der Gestaltung getrennt wird. Die Ausstellung zeigt, wie sich aus den eher experimentellen Anfängen im Verlauf des Studiums immer mehr eine Struktur entwickelt. „Wir haben auch Studierende und Lehrende befragt und versucht, die Zustände, in denen sich die Studierenden der unterschiedlichen Semester befinden, zu visualisieren“, erklärt Daniel Meißner das Ausstellungskonzept.

In der zweiten Etage geht es nicht um den allgemeinen Überblick, sondern um eine sehr konkrete Aufgabenstellung: Rund acht Tage hatte Andreas Kramers Studierende Zeit, um einen Hocker zu konzipieren und herzustellen. „Es ging dabei darum, was zu den Eigenschaften eines Hockers gehört und wie man das mit dem Thema ‚Analog‘ verbinden kann“, erklärt Andreas Kramer. Mit Fantasie und Pfiff haben die angehenden Designer sich dieser Aufgabe angenommen.

Die Idee zu ihrer Arbeit sei ihr beim Zähneputzen gekommen, erzählt beispielsweise die Waller Studentin Wiebke Emmerich: „Denn dabei ist mir immer langweilig und so habe ich überlegt, was man währenddessen mit den Füßen machen kann.“ Herausgekommen ist „Swing – der Hocker gegen müde Beine“ mit einer integrierten beweglichen Scheibe für die Füße.

„Ich habe über Analogien nachgedacht und mich gefragt, was dem Menschen am ehesten entspricht – und das ist die Bewegung“, meint ihre Kommilitonin Helene Olfs aus dem Viertel. Sie hat den fast schon anmutig wirkenden „Schaukelhocker Mathilde“ gefertigt, und zwar aus einer alten Schrankwand und anderen Teilen. Schließlich ging es bei der Aufgabenstellung auch ums „Upcycling“, also die Wiederverwertung von Abfällen, Resten oder nicht mehr Gebrauchtem.

Diesem Aspekt hat Gerda Marie Notholt aus Borgfeld besondere Aufmerksamkeit gewidmet. „Ich bin selber gerade umgezogen, und es war noch ein Lattenrost übrig. Das habe ich komplett auseinander gebaut und daraus dann einen Klapphocker gemacht. Es gibt daran keine Schraube, die neu gekauft werden musste – alle Teile stammen von dem Lattenrost“, sagt sie.

Bei Tanja Diezmann lernen Studenten Gestaltungsmethoden, die nur am Rechner möglich sind. „Ich möchte die Studierenden darauf aufmerksam machen, dass in interaktiven und zeitbasierten Medien nicht nur die Form, sondern auch das Verhalten relevant ist“, erklärt die Professorin. In ihrer Lehrveranstaltung ging es darum, Verhalten aus der Natur zu übertragen und dabei dramaturgisch interessante Bewegungen und eine Audiostruktur zu verbinden. Klingt abstrakt? Bei den Hochschultagen wird gezeigt, was dabei herauskommen kann. Etwa ein schon fast poetischer Kurzfilm, bei dem die aufblühende Bewegung einer Blume in Ton und Bild zu bewundern ist.

Zu sehen gibt es am Wochenende aber noch sehr viel mehr; schließlich sind auch die Studierenden der höheren Semester mit von der Partie. Kunstbegeisterte, Design-Interessierte, Musikfreunde und Neugierige sollten sich also definitiv das gesamte Wochenende frei halten!

Die Hochschultage 2014 sind am Sonnabend, 8. Februar, von 11 bis 21 Uhr und am Sonntag, 9. Februar, von 11 bis 20 Uhr. Musikalischer Auftakt ist ein Beethoven-Abend des Barockorchesters der Hochschule am Freitag, 7. Februar, um 20 Uhr in der Kirche Unser Lieben Frauen. Der Eintritt beträgt zehn, ermäßigt fünf Euro.

Ein weiterer Programmhöhepunkt ist die Mode-Performance am Sonnabend ab 21.30 Uhr im Schuppen Eins an der Konsul-Smidt-Straße 20 - 26. Restkarten werden vor der Veranstaltung ab 21.15 Uhr verkauft.

Das gesamte Programm unter www.hfk-bremen.de.

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