Nach dem spannenden Elfmeterschießen gegen Wales am Dienstagabend hat Polens Nationalmannschaft eines der letzten Tickets für die Fußball-EM ab 14. Juni gelöst. Bremen gehört zu dem Kreis der Städte, bei denen das Team ihr Dauerquartier für den Wettbewerb aufschlagen könnte. Vertreter des Polnischen Fußballverbands PZPN waren in der Stadt, um sich einen Überblick über die Örtlichkeiten zu verschaffen. Dazu gehörte der Blick in die Hotels und auch in die Sportanlagen. Wie von der Wirtschaftsförderung Bremen zu hören ist, ist mit einer Zusage oder Absage in den kommenden Tagen zu rechnen.
Nathalie Rübsteck, Hauptgeschäftsführerin von Bremens Hotel- und Gaststättenverband Dehoga, würde sich über diesen Besuch sehr freuen: "Das wäre eine gute Chance. Wenn Bremen dadurch in den Medien ist und die Stadt dadurch etwas von sich zeigen kann, dann sagen hinterher vielleicht einige 'Ach, Bremen ist ja hübsch, da schauen wir auch mal hin.'" Was für Bremen als sogenanntes "Basiscamp" sprechen könnte, sind die Orte, an denen Polen spielen muss. Das wäre am Sonntag, 16. Juni, in Hamburg gegen die Niederlande, am Freitag, 21. Juni, in Berlin gegen Österreich und am Dienstag, 25. Juni, in Dortmund gegen Frankreich. Per Bus oder Zug wären die Ziele von Bremen aus gut zu erreichen. "Kein Spiel in der Gruppenphase ist in süddeutschen Gefilden wie München oder Stuttgart. Da hoffen wir ein bisschen, dass Bremen deshalb gute Karten hat als EM-Quartier für die polnische Nationalmannschaft", sagt Oliver Rau. Der Marketing- und Tourismusgeschäftsführer bei der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) zählt auf, was eine solche Entscheidung für Bremen bringen würde: "Da kommen ja nicht nur die Mannschaft und die Delegation, sondern meist suchen sich ja die ganzen Journalisten eine Unterkunft nah bei ihrer Nationalelf. Dazu kommen dann auch eingefleischte Fans, die ihrer Mannschaft auch beim Training vor Ort zuschauen."
Training nicht im Weserstadion
Das Training für die Mannschaft würde neben dem Weserstadion auf Platz 11 stattfinden. Die Anlage gehört der Stadt. Karen Stroink, Sprecherin für das Sportressort, erläutert, was die Anforderungen an die Trainingsanlagen sind: "Es gibt zwischen dem DFB-Reisebüro und den jeweiligen Städten, die als Basecamp infrage kommen, detaillierte vertragliche Verabredungen, angefangen bei den Inspektionen der Trainingsanlagen, über die Spielfeldbeschaffenheit und die Rasenqualität bis hin zu der Überlassung von Trainingsanlagen." Trainingseinheiten direkt im Weserstadion wären laut dem Geschäftsführer der Weser-Stadion GmbH, Hans-Jörg Otto, nicht vorgesehen: "In der Zeit werden wir im Stadion den Rasen fräsen, deshalb kommen dort Trainings wohl eher weniger infrage." Das Reisebüro des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) kümmert sich um die Organisation mehrerer Nationalteams, damit sie während der EM einen Platz mit optimalen Bedingungen vorfinden. Ein DFB-Sprecher wollte sich nicht äußern und verwies auf die UEFA. Weder von dort noch vom Polnischen Fußballverband war am Mittwoch zu erfahren, ob die Nationalelf an die Weser kommt. Die Unterkunft wäre voraussichtlich im Atlantic Grand Hotel in der Bredenstraße, Ecke Martinistraße. Ausreichend Zimmer sind dort im Juni geblockt.
Neben den zusätzlichen Gästen sieht Oliver Rau auch die Präsenz Bremens in den internationalen Medien durch die tägliche Berichterstattung: "Da kann sich Bremen als tolerante und weltoffene Stadt zeigen." Dabei stellt der Tourismus-Manager fest: "Gerade bei den Touristen aus Polen konnten wir in den letzten Jahren ein Besucherwachstum feststellen." Als einen der Gründe sieht Rau, dass der Urlaubsweg in Richtung Osten durch den Ukrainekrieg verwehrt sei: "Da sind viele Polen zum Urlaub in Richtung Westen gefahren." Außerdem verweist Rau auf die Hotelpreise an der Weser, die im Vergleich zu anderen Regionen noch bezahlbar seien: "Bei der Liste der Großstädte mit den teuersten Hotels liegt Bremen auf Platz 18." Auch das sei ein Grund, der für die Hansestadt spricht.
Bremens Polen-Community hofft auf Zusage
Wer sich auch über die Zusage sehr freuen würde, ist Katarzyna Weichert. Sie ist die Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, die unter anderem die Zusammenarbeit zwischen Bremen und seiner Partnerstadt Danzig fördert. "Wenn es da zu einem Treffen kommt, wäre das wunderbar", sagt sie. Ansonsten stehen die Chancen nicht schlecht, Robert Lewandowski und seine Kollegen vielleicht in der Sögestraße oder der Obernstraße anzutreffen. Nicht nur Weichert und die weit mehr als 25.000 Menschen mit polnischen Wurzeln in Bremen würden das Team dann mit den Worten "Serdecznie witamy!" begrüßen – "Herzlich willkommen!"