Klassische deutsche und polnische Hausmannskost hat vieles gemeinsam: Sie ist deftig und herzhaft, bietet aber auch viele Möglichkeiten für raffinierte Varianten. Auf ihrer Speisekarte vereint Katarzyna Szkudlarska Gerichte aus beiden Ländern – und hat damit in Bremen-Nord ein Alleinstellungsmerkmal. Seit Mai 2019 betreibt die gebürtige Polin das Restaurant Murkens Krug zur Fähre im Werderland.
An diesem Dienstagmittag ist die große Terrasse an der Lesumbroker Landstraße gut besucht. Ausflügler genießen Essen und Getränke gleich hinter dem Lesumer Deich bei strahlendem Sonnenschein. Und auch im Innenraum lassen es sich einige Gäste gut schmecken. Das war in den vergangenen zwei Jahren nicht immer so. "Ich hatte nur zehn Monate geöffnet. Dann kam Corona", sagt die Wirtin. Inzwischen geht es in der Gastronomie wieder bergauf und auch Szkudlarska schaut positiv in der Zukunft. Nach und nach vergrößert sie ihre Speisekarte wieder, sie bemüht sich um Personal, plant Veranstaltungen und perspektivisch will sie auch die Öffnungszeiten ihres Restaurants wieder ausweiten.
Seit 30 Jahren in der Gastronomie
In den vergangenen Monaten hatte die 55-Jährige nur eine Angestellte, gerade hat eine weitere Mitarbeiterin angefangen. Die Folgen der Corona-Pandemie zwangen die 55-Jährige dazu, fast alles alleine zu machen. Unterstützung hatte sie von ihrer Familie. "Meine Schwester und mein Sohn haben mir geholfen. Ab und zu auch mein Lebensgefährte." Szkudlarska selbst hat fast 30 Jahre Erfahrung in der Gastronomie. Als Angestellte hat sie in diversen Restaurants gearbeitet, war unter anderem im Grasberger Hof, in der Jägerstube Ritterhude, einer Pizzeria in Lilienthal und im Restaurant Zum Hemberg in Worpswede beschäftigt.
Dort reifte in ihr die Idee, sich mit einem Restaurant selbstständig zu machen. "Ich dachte mir, was meine Chefs können, das kann ich auch – und noch besser", sagt sie lachend und wirft ihren blonden Pferdeschwanz zurück. Die resolute Wirtin ist gelernte Laborantin. In die Gastronomie kam die zweifache Mutter als Quereinsteigerin. Zunächst wollte sie ihren Traum vom eigenen Restaurant in Worpswede verwirklichen und das Hemberg übernehmen. Doch dann entdeckte sie im Internet, dass ein neuer Pächter für Murkens Krug zur Fähre gesucht wird. "Ich habe mich sofort verliebt und wusste sofort: Das ist es", sagt sie. Die Entscheidung für das Restaurant in Lesumbrok fällte sie dann schnell.
Name erinnert an Fährbetrieb
Das erste Lokal an dieser Stelle eröffnete bereits 1855. Früher wurden hier die Besatzungen von Walfangschiffen angeheuert, weiß Szkudlarska. Der Name der Traditionsgaststätte erinnert an den von der Familie Murken über viele Generationen mit einem Kahn betriebenen Fährbetrieb über die Lesum, der gerne von Anwohnern und Ausflüglern genutzt wurde. In den 1990er-Jahren wurde er eingestellt. "Das ist schade", findet Szkudlarska. Doch eine Wiederaufnahme komme nicht infrage. "Die Auflagen sind zu hoch." Im März 1967 brannte das damalige Reetdachhaus aus, ein Jahr später wurde es neu errichtet. Szkudlarska richtete den Gastraum, der Platz für bis zu 100 Personen bietet, ganz nach ihren Geschmack neu ein. "Als ich das Haus übernommen habe, war nicht einmal Fußboden drin", erzählt sie. Auf der Terrasse stehen noch einmal rund 60 Plätze zur Verfügung.
Knipp und Piroggen
Die Karte umfasst regionale Spezialitäten, von Sülze über Knipp bis zu Bauernfrühstück, saisonale Angebote wie Spargel und polnische Gerichte. Darunter sind Piroggen (gefüllte Teigtaschen), Devolay (fritierte Hähnchenrouladen) und Bigos (ein Sauerkrautgericht mit Fleisch), das Szkudlarska "eingedeutscht" hat, wie sie selbst sagt. "In Polen isst man dazu Salzkartoffeln, aber hier lieben die Leute Bratkartoffeln, also gibt es die dazu." Zu besonderen Anlässen, wie kürzlich zu Ostern, bietet die Wirtin zudem besondere Büfetts an. Beliebt seien ihre Kuchen. "Die backe ich alle selbst." Klassiker wie Käse-, Mohn- Karotten- und Blaubeerkuchen ergänzt sie durch ausgefallenere Kreationen wie grüne Waldmus- und rote Red-Velvet-Kuchen.
Die nächste Veranstaltung plant die Wirtin für Sonnabend, 30. April. Zum Tanz in den Mai legt DJ Freddy auf, dazu wird Fingerfood serviert. Karten gibt es ausschließlich im Vorverkauf. Auch am Muttertag und zu Pfingsten soll es besondere Angebote geben. Nebenbei kümmert sich Szkudlarska seit Wochen um ein Projekt, das ihr ebenso am Herzen liegt, wie ihr Restaurant. Sie sammelt Spenden für Hilfstransporte nach Polen, um dort Menschen zu unterstützen, die aus der Ukraine geflohen sind.
Bei der ersten Fahrt brachte ein Reisebus-Unternehmen rund 900 Kartons und Taschen mit Nahrung, Kleidung und Dingen des täglichen Bedarfs in eine Kaserne in der Nähe von Posen. Die Hilfsaktion bekam so großen Zuspruch, dass schließlich sogar eine zweite Fahrt geplant werden konnte. "Es ist der Wahnsinn, wie viele Leute die Aktion unterstützen", sagt Szkudlarska, bevor sie sich ein Tablett schnappt und wieder zu ihren Gästen eilt.