18-Jähriger schlägt Rentner ins Koma, um dessen BMW zu stehlen. Einen Monat später stirbt das Opfer. Jetzt steht der mutmaßliche Täter vor Gericht. Er könnte wegen Mordes verurteilt werden.
So lautet die Kurzform für einen Prozess, der am Freitagmorgen unter großem Medieninteresse vor dem Landgericht Bremen eröffnet wurde. Tatsächlich muss sich der Angeklagte aber noch für sechs weitere Straftaten verantworten. Der 18-Jährige äußerte sich nicht zu den Vorwürfen, sein Verteidiger kündigte für den zweiten Verhandlungstag eine Erklärung seines Mandanten an.
So gehörte der Prozessauftakt allein der Staatsanwaltschaft mit der Verlesung der Anklageschrift: Am 1. September 2019 soll der Angeklagte seinem 76-jährigen Opfer in den Keller von dessen Wohnhaus in Bremerhaven gefolgt sein und von ihm die Herausgabe des Autoschlüssels gefordert haben. Er habe den Mann zu Boden gestoßen und wiederholt kräftig auf ihn eingeschlagen, ihm dann Autoschlüssel und Handy abgenommen. Anschließend sei er mit dem Wagen davongefahren, ohne sich um den lebensgefährlich verletzten Rentner zu kümmern.
Der 76-Jährige erlitt zahlreiche Gesichtsverletzungen und Hirnblutungen. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, doch die Klinik führte keine lebenserhaltenden Maßnahmen mehr an dem im Koma liegenden Rentner durch, berichtete die Staatsanwaltschaft. Einen Monat später, am 31. August, starb der Mann.
Sieben Anklagen
Die Anklage gegen den 18-Jährigen war schon geschrieben, als das Opfer noch lebte. Deshalb war zunächst von Raub und gefährlicher Körperverletzung die Rede. Doch nach dem Tod des 76-Jährigen käme nun auch eine Verurteilung wegen Mordes in Betracht, erklärte die Vorsitzende Richterin.
In den sechs verbundenen Verfahren, die in diesem Prozess mitverhandelt werden, ging es in zwei Fällen um Unfälle und Fahrerflucht, laut Staatsanwaltschaft unmittelbar nach dem Überfall auf den Rentner. Zum einen soll der Täter beim Losfahren rückwärts gegen einen geparkten Pkw gefahren sein. Zum anderen habe er nach halsbrecherischer Flucht mit über 100 Stundenkilometern durch die Innenstadt erst mehrere andere Verkehrsteilnehmer beiseite gedrängt und sei schließlich in einer Linkskurve in einem Zaun gelandet. Von dort aus flüchtete er zu Fuß, wurde aber am nächsten Tag von der Polizei gefasst.
Es soll nicht das erste Mal gewesen sein, dass der junge Mann, der keinen Führerschein besitzt, einen Wagen gestohlen hat. Schon zwei Wochen vor dem Überfall auf den Rentner habe er aus einer unverschlossenen Werkstatt einen Pkw-Schlüssel entwendet und sei dann mit einem Mercedes davongefahren, der vor der Werkstatt abgestellt war.
Und auch über zwei weitere Gewalttaten wird in diesem Prozess mitverhandelt: Als Jugendlicher soll der Angeklagte im März 2018 eine Frau umgestoßen und ihr die Handtasche entrissen haben. Im Juli 2019 schließlich soll er im Streit um ein Fahrrad einen Mann zu Boden geschlagen, auf ihn eingetreten und damit gedroht haben, ihn umzubringen, falls er die Polizei rufe.
Der Prozess wird am Mittwoch, 5. Februar, um 9 Uhr fortgesetzt.
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