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Bremen-Nord Musikszene probt im Bunker C 178

Bremen-Nord. Eine kleine Gruppe nimmermüder Akkord-Ästheten griff Mitte der 1990-Jahre zur Selbsthilfe: Sie machten sich einen leerstehenden Bunker auf dem ehemaligen Vulkan-Gelände neben dem einstigen Tor Lobbendorf mit der nüchternen Bezeichnung C 178 nutzbar.
03.01.2011, 05:00 Uhr
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Von Ulf Buschmann

Bremen-Nord. Wer einst in Bremen-Nord Musik machte, konnte sich über die Anzahl von Übungsräumen und diverse Auftrittsmöglichkeiten nicht beschweren. Doch damit ist es seit Mitte der 1990er-Jahre vorbei. Deshalb griff eine kleine Gruppe nimmermüder Akkord-Ästheten zur Selbsthilfe: Sie machten sich einen leerstehenden Bunker auf dem ehemaligen Vulkan-Gelände gleich neben dem einstigen Tor Lobbendorf mit der nüchternen Bezeichnung C 178 nutzbar.

Das Projekt: Wir schaffen Proberäume und Platz zum Spielen. Damit das Ganze rechtlich auf sicheren Füßen steht, gründeten die Aktivisten den Musikerverein Kulturbunker-Vulkan. Inzwischen hat sich der Bunker zu so etwas wie einem kleinen Dorado für die hiesige Szene entwickelt. Andreas Brede ist, wie so oft, auch an diesem Sonntagnachmittag ganz in seine Musik vertieft. Der Vorsitzende des Musikervereins mischt die Aufnahmen seiner eigenen Band ab: Brede trommelt bei "Dr.B.&hisGigolos". Die fünf Mannen hatten eine Woche zuvor zum Jahresabschluss geladen.

Das Ganze ging im zweiten Stock des Bunkers über die Bühne. Dort haben sich die Musiker ohne Förderung aus öffentlichen Kassen und komplett in Eigenarbeit einen Veranstaltungssaal geschaffen - und das mit allem, was dazu gehört: Bühne, Licht, Verstärkeranlage und kleiner Theke. An der Wand hängt ein Relikt längst vergangener Szenezeiten: Bei "TopSound Music Service" gingen die "Mucker" aus Bremen-Nord und umzu ein und aus.

Die Bühne des Saales kann abgetrennt und als Aufnahmeraum für Bands genutzt werden. Gleich daneben gibt es einen Durchgang ins Studio, in dem Brede an diesem Sonntag mischt.

Heimlich still und leise basteln die Musiker hier an ihren Demo-Tonträgern und mehr. Mixer und Aufnahmegeräte stehen nicht nur den Saiten- und Tastenartisten des Vereins zur Verfügung. An Sounds können auch Nicht-Mitglieder basteln. "Wir vermieten das Studio mit Techniker", sagt Brede.

Die Einnahmen fließen wieder zurück in den Ausbau sowie den Unterhalt des Bunkers - und da gibt es für die Vereinsmitglieder eine ganze Menge zu tun, wenn sie auch schon viel geschafft haben. Denn als die Musiker in den Bunker einzogen, gab es nichts weiter als den im Jahr 1942 zum Schutz gegen Luftangriffe errichteten Betonklotz. Notausgänge, ein modernes Belüftungssystem, Sanitäranlagen und einiges mehr mussten her, bevor sich die Musiker an das Eigentliche machen konnten: den Bau von Proberäumen.

Nach knapp zehn Jahren sind sie vorhanden. Laut Vereinschef Brede tummeln sich im ersten und zweiten Stock des Bunkers inzwischen 18 Bands. Doch das ist längst nicht alles, denn eine ganze Reihe der Musiker spielen gleich in mehreren Formationen oder schließen sich für gemeinsame Projekte zusammen und befruchten sich immer wieder aufs Neue.

Finanziert haben die Musiker ihr Engagement selbst. Ihre Quellen waren anfangs die Mitgliedsbeiträge für den Verein und die Mieten für die Proberäume gewesen. Inzwischen ist neben der Vermietung des Studios das Ausleihen der vereinseigenen Anlage hinzugekommen. Zudem haben sie mit Architekt Björn Hashagen als Eigentümer des Bunkers einen Mitstreiter gefunden, der "immer ein offenes Ohr hat", so Brede.

Auch Hashagen freut sich ob des eingezogenen Lebens, wie er gegenüber der NORDDEUTSCHEN erklärt. Beiden ist der Stolz auf das Geschaffene anzumerken - zumal in dem Projekt nicht ein einziger Euro aus dem Bremer Stadtsäckel steckt. "Zur Stadt brauchst Du nicht hingehen, die Kassen sind leer", sagt Brede.

Ebenso aus eigener Kraft haben sich die Akteure des Vereins in der Öffentlichkeit inzwischen einen - wenn auch noch kleinen - so doch feinen Namen gemacht. So sorgen die Bunkermucker alljährlich beim Vegesacker Osterfeuer für die musikalische Dreingabe. Auch das Vulkanesentreffen war technisch ganz in der Hand von Andreas Brede & Co.

Gleichwohl gibt es zu den Vertretern der Politik aus Bürgerschaft und Stadtteil kaum bis keine Kontakte. Der Beirat habe sich bislang nicht um den Kulturbunker gekümmert, bestätigt Sprecherin Heike Sprehe (SPD).

Das ficht die Musiker jedoch nicht an, sie arbeiten weiter an ihren Projekten. Dazu gehört unter anderem das Errichten einer Open-Air-Bühne neben dem Bunker. Und nach Auskunft von Eigner Hashagen solle das derzeit von "tnt eventz" für die "Bunkerdisse" genutzte Erdgeschoss "für kleinere Live-Veranstaltungen" hergerichtet werden. Derweil wünscht sich Chefmusiker Brede, dass auch der Musikerverein auf absehbare Zeit öffentliche Veranstaltungen organisieren und durchführen dürfe und dass das Studio höher ausgelastet sei. Doch jetzt heißt es für erst einmal, seine eigenen Jungs abzumischen.

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