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Römischer Silberdenar Nach Fund in Arsten: Grundschüler präsentiert 1800 Jahre alte Münze

Ein Zufallsfund in Arsten hat dem neunjährigen Bjarne ein Lob von Uta Halle eingebracht: "Wir sind auf die Aufmerksamkeit der Bremerinnen und Bremer angewiesen", sagt die Landesarchäologin.
11.08.2023, 14:26 Uhr
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Nach Fund in Arsten: Grundschüler präsentiert 1800 Jahre alte Münze
Von Justus Randt

Erst schüchtern, dann immer sicherer stellt sich der neunjährige Bjarne den Fragen der Journalisten: Sie wollen wissen, wie das war, als der Grundschüler im Sommer vergangenen Jahres eine Silbermünze aus der Zeit des Kaisers Marc Aurel (161-180 nach Christi) beim Buddeln in seinem Kinderhort fand. Bjarne deutet mit den Händen eine 30-Zentimeter-Spanne an, um zu beschreiben, wie tief die Münze lag. Dass sein Zufallsfund älter ist als 1800 Jahre – „das ist totaler Wahnsinn, etwas von Menschen Gemachtes, das so alt ist“, sagt Bjarnes Vater Jens (43), während sein Sohn für die Fernsehkameras viel zu große blaue Vinylhandschuhe überstreift und die Münze vorsichtig hochhält. Ob er stolz sei, wird der Finder gefragt. „Ein bisschen schon.“

Ohne Handschuhe "müsste die Restauratorin sofort wieder ran", sagt Landesarchäologin Uta Halle. Nach dem Fund im Sommer 2022 war der Grundschüler erst einmal mit seinen Eltern und seiner Schwester Line in die Ferien gefahren. Anschließend untersuchten sie die Münze genauer und entdeckten schwer lesbare Schriftzeichen. Bjarnes Mutter Daniela (39) kam schließlich auf die Idee, sich an die Landesarchäologie zu wenden. Weil Fotos allein kleine Klarheit brachten, trafen sich Bjarne und seine Eltern im Herbst mit Uta Halle an deren Grabungsstätte Reitbrake. Noch ehe sie die Münze selbst in Augenschein nehmen konnte, hörte sie den „verzückten Aufschrei“ eines Grabungshelfers: „Ein Silberdenar!“

Diese erste Einschätzung hat sich bei genauer Untersuchung bestätigt: „Es handelt sich um einen Silberdenar aus der Zeit des Kaisers Marc Aurel“, stellte die Landesarchäologin fest. „Die Münze stammt vermutlich nicht aus Arsten, das ist die traurige Mitteilung.“ Sie könnte über den Abbau von Sandgruben oder Spülsand aus der Weser dorthin gekommen sein. „Wir werden den Spielplatz also nicht umgraben.“ Die Fundstelle sei jedenfalls in der digitalen Karte aller Bremer Funde vermerkt.

Dazu zählen bereits zwei Silberdenare aus der Regierungszeit des Kaisers Marc Aurel im Römischen Reich, die als Siedlungsfunde in den 1930er-Jahren in Rekum und 1968 in Mahndorf entdeckt worden waren. Spektakulär ist der Fund also nur bedingt. "Es gibt drei Wege, auf denen die Münze hergekommen sein könnte", erläuterte Uta Halle: durch Handel, als Lohn hiesiger Söldner oder als Souvenir aus dem römischen Weltreich.

Bei der Pressekonferenz in den Räumen der Landesarchäologie im alten Postamt 5 beim Hauptbahnhof herrschte großer Andrang. „Ich hatte schon Angst, dass ihm vor Aufregung schlecht werden könnte“, sagte Bjarnes Mutter, nachdem sie erleichtert festgestellt hatte, wie souverän der Neunjährige den Rummel ertrug. Uta Halle stand ihm dabei zur Seite. Auch sie staunte nicht schlecht angesichts des Auftriebes: „Man hat das Gefühl, Bjarne hätte einen Goldschatz gefunden, mit dem wir alle Schulden Bremens zahlen könnten.“

Wenn es um Zufallsfunde gehe, sei die Archäologie auf aufmerksame Bürgerinnen und Bürger wie Bjarne angewiesen. Zur Belobigung „in  Anerkennung deines wachsamen Auges und deiner Neugier“ überreichte Uta Halle ihm eine Urkunde sowie Bücher und gab ihm Ausflugstipps zu archäologisch interessanten Orten. Eine Belohnung sei grundsätzlich nicht vorgesehen. Ob Bjarne die Münze behalten könne, müsse noch geklärt werden. „Im Focke Museum haben wir noch keinen Silberdenar.“ Das sogenannte Schatzregal regelt, dass Funde, also auch bewegliche Kulturdenkmäler, den Ländern zufallen, wenn ihr früherer Besitzer nicht ermittelt werden kann.

Vor mehr als 1800 Jahren habe es im Römischen Reich eine Inflationsphase gegeben, sagte Uta Halle. Der gefundene, unter Marc Aurel geprägte Denar wiege noch 2,4 Gramm. Als die Münze aufkam, sei sie beinahe doppelt so schwer gewesen. „Marc Aurel erkennt man darauf aber sehr deutlich – an der spitzen Nase“, erklärte die Landesarchäologin Bjarne, Line und den anderen Teilnehmern der Pressekonferenz.

Dem stolzen Finder, der sich zu Weihnachten gleich einen Metalldetektor gewünscht hatte, gab sie mit auf den Weg, er möge vorsichtig sein damit, „wegen der vielen alten Munition“. Außerdem müssten Sondengänger eine Erlaubnis ihrer Behörde haben. In Uta Halles Laufbahn ist Bjarnes Entdeckung der bislang einzige Fund, den ein Kind abgeliefert hat. „Ich habe überlegt, woran das liegen könnte. Vielleicht an der veränderten Lebenswelt. Früher haben Kinder einfach viel mehr draußen gespielt.“ Bjarne jedenfalls macht nach dem Medienrummel erst einmal ein paar Tage Erholungsurlaub bei den Großeltern.

Dieser Text wurde am 11. August 2023 um 17.00 Uhr aktualisiert.

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