Seit zwei Monaten ist das Tierheim in der Hemmstraße für Besucher wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Den Adoptionen hat das keinen Abbruch getan – im Gegenteil: Zurzeit sei das Tierheim ziemlich leer, sagt Sprecherin Gaby Schwab. 232 Hunden, Katzen und Kleintieren hat das Tierheim in Findorff zwischen dem 1. März und 13. Mai ein neues Zuhause vermittelt. Im Vorjahreszeitraum waren es 137. Die Zahl der Anfragen sei erstaunlich, sagt Schwab. „Das liegt auf jeden Fall an Corona.“
Den Hauptgrund sieht Schwab darin, dass die Menschen mehr Zeit hätten, viele Urlaubsreisen entfielen. „Statt am Ende der Sommerferien oder im Herbst, legen sich die Menschen jetzt schon ein Haustier zu.“ Einsamkeit spiele auch eine Rolle. „Wir freuen uns natürlich, dass Tiere aus dem Tierschutz genommen werden“, sagt Schwab. „Wir hoffen, dass es nach der Krise keinen Bumerang-Effekt gibt und die Tiere in ihren Familien bleiben.“
Nicht nur das Tierheim erlebt gesteigertes Interesse. Ulrike Thölken und ihr Mann Joachim sind Mitglieder im Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). Die Grasberger züchten Bearded Collies, Nachkommen alter Hüte- und Treibehunde aus Schottland. „Die Rasse ist nicht so bekannt“, sagt die Züchterin. Normalerweise bekomme sie für neun Welpen rund 15 Anfragen. Für den letzten Wurf im April seien es 50 Anfragen gewesen – häufig von Menschen ohne Kenntnissen über die Hunderasse. „Die Leute haben im Moment viel mehr Zeit darüber nachzudenken, ob sie einen Hund möchten.“
Thölken findet, dass Kurzarbeit und gestrichene Urlaubspläne durchaus gute Möglichkeiten seien, sich einen Hund anzuschaffen. „Aber nur, wenn es gut überlegt ist“, betont sie. In den ersten drei Wochen bräuchten Welpen den ganzen Tag Aufmerksamkeit. „Das kann man nicht mal eben so neben dem Homeoffice machen.“ Als Züchter müsse man daher aufpassen, Welpen an die richtigen Besitzer zu vermitteln. Anfragen aus dem Ausland habe sie ablehnen müssen. „Es war nicht klar, ob wir die Welpen über die Grenzen bekommen würden“, sagt sie.
Auch Isolde Schmidt aus Ottersberg ist Mitglied im VDH. Sie züchtet Mastiffs, eine große Hunderasse, ursprünglich aus Großbritannien. Der nächste Wurf sei für den Sommer geplant – eine gesteigerte Nachfrage erlebe sie aber nicht. „Bei so einer teuren und seltenen Rasse überlegt man sehr lange. Ich habe schon Monate vorher Kontakt zu potenziellen Besitzern“, sagt sie. Auch Schmidt verkauft ihre Welpen ins Ausland. „Manche Tiere müssen zurzeit länger bei Züchtern bleiben, weil die Grenzen geschlossen sind. Das Problem habe ich derzeit nicht, der Wurf ist noch in Planung. Ich hoffe, dass die Situation im Herbst anders ist.“
Stefan Damer, Vorsitzender des VDH-Landesverbandes Weser-Ems, glaubt, dass zurzeit weniger Hunde verkauft würden. „Leute haben mehr Zeit, darüber nachzudenken, ob sie einen Hund wollen. Aber viele wissen auch nicht, wie ihre Zukunft aussieht.“ Eine höhere Nachfrage bei einzelnen Züchtern könne man darauf zurückführen, dass weniger Welpen verfügbar seien. „Viele Züchter planen in der Krise keinen Wurf, weil ihnen das Risiko zu hoch ist“, sagt er. Zurzeit habe man aber auch nur einen begrenzten Überblick über die Geburtenzahlen. Damer: „Wir werden das erst rückblickend sehen, wenn der VDH am Jahresende die Welpenstatistik veröffentlicht.“
Weitere Informationen
Das Tierheim Bremen, Hemmstraße 491, ist ab Mittwoch, 3. Juni, wieder geöffnet; mittwochs von 16 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 13 Uhr. Weitere Termine sind nach Absprache möglich. Das Tierheim Bremen ist telefonisch unter der Rufnummer 0421/351133 und per Mail unter info@bremer-tierschutzverein.de zu erreichen. Weitere Informationen gibt es auch im Internet auf der Seite www.bremer-tierschutzverein.de.