Das Deichbauprogramm des Generalplans Küstenschutz wird deutlich teurer als ursprünglich geplant, bei der Realisierung der einzelnen Projekte liegt Bremen allerdings im Plan – mit Ausnahme der Umgestaltung der sogenannten Stadtstrecke am Neustädter Weserufer. Das geht aus einem Sachstandsbericht hervor, mit dem sich der Senat am kommenden Dienstag auseinandersetzen wird.
Vor rund zehn Jahren hatten Bremen und Niedersachsen den Generalplan Küstenschutz als Planungsgrundlage für die Verbesserung des Hochwasserschutzes aufgelegt. Es war die gemeinsame Antwort der beiden Bundesländer auf die Bedrohung, die vom Anstieg des Meeresspiegels ausgeht. In Bremen und Bremerhaven benannten die Experten der Umweltbehörde zahlreiche Projekte zur Erhöhung der Deichlinie.
Bis zu einem Meter wird an verschiedenen Punkten des Stadtgebietes draufgesattelt. Gebaut wird aktuell vor allem in Bremen-Nord. Dort werden an der Bahrsplate die Spundwand und zwei Deichscharte erhöht. Zwischen dem Wasserweg und der Bundesstraße 74 wächst der vorhandene Erddeich auf rund 850 Metern Länge auf ein Niveau von 7,50 Metern.

In Bremen-Stadt laufen kleinere, aber nicht minder wichtige Baumaßnahmen. So wird ein Eisenbahnschart südlich des Neustädter Hafens auf eine Höhe von 7,90 Metern gebracht. In der Altstadt soll die Pfahlwand an der ehemaligen Berufsschule demnächst eine Höhe von 7,70 Metern erreichen. Weitere Aus- und Umbauten sind in Planung, insbesondere im Bereich der Häfen, im Werderland sowie im Raum Habenhausen.
Das finanzielle Volumen des Generalplans Küstenschutz ist über die Jahre stetig gewachsen. Zu Beginn ging man für Bremen und Bremerhaven noch von einem Mittelbedarf von etwa 100 Millionen Euro aus. Bis 2015 war der Kostenrahmen bereits auf rund 246 Millionen Euro angewachsen. Der aktuelle Controllingbericht für den Senat geht nun von einem weiteren deutlichen Anstieg auf 279 Millionen Euro aus. Dafür werden mehrere Gründe angeführt.
Nicht in Stein gemeißelt
So sei bei genaueren Untersuchungen festgestellt worden, dass der Deich in einzelnen Planungsabschnitten zwar hoch genug, aber nicht mehr standsicher ist. Das betrifft unter anderem die Tiefer am Rande der Altstadt, die sogenannte Stadtstrecke in der Neustadt zwischen Stephanibrücke und Rotes-Kreuz-Krankenhaus sowie den Bereich entlang der Geeste in Bremerhaven.
Daneben hätten die Projektträger – gemeint sind die Deichverbände auf den beiden Weserseiten – Mehrkosten geltend gemacht, beispielsweise wegen Hindernissen bei Rammarbeiten. Auch die jetzt im Raum stehende Zahl von 279 Millionen Euro ist offenbar nicht in Stein gemeißelt.
So fehlen bisher unter anderem konkretisierte Kostenschätzungen zum Ausbau des Deiches zwischen dem Huckelrieder Friedhof und der Überlaufschwelle. Noch gar nicht abzusehen ist offenbar, was die Neugestaltung der Stadtstrecke kosten wird. Grundlage ist hier das Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs, das eine uferparkartige Anlage auf der Neustädter Weserseite vorsieht.
Bürgerinitiative kömpft gegen Platanenfällung
Die spät in den Generalplan eingearbeitete Stadtstrecke ist allerdings das einzige Projekt, das aus dem ursprünglichen Zeitrahmen herausfallen wird. 2025 sollte das Deichbauprogramm abgeschlossen sein. Diese Frist ist offenbar zu halten, das Meiste wird schon 2023 fertig sein. Für die Stadtstrecke peilen die Planer im Umweltressort jetzt das Jahr 2030 an, und dabei sind mögliche Zwangspausen wegen gerichtlicher Auseinandersetzungen bereits einkalkuliert.
Wie berichtet, kämpft eine Bürgerinitiative in der Neustadt gegen die geplante Fällung von 136 Platanen. Mit Ausnahme der Stadtstrecke sei man zeitlich „voll im Plan“, zieht Umweltstaatsrat Ronny Meyer auf Nachfrage ein Zwischenfazit. „Angesichts des Anstiegs des Meeresspiegels ist es außerordentlich wichtig, Bremen auch für die Zukunft hochwassersicher zu machen.“
Bleibt also das Problem der Kostensteigerung. Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) wird auf einem Teil der Mehrkosten sitzen bleiben, so viel ist sicher. Für den Generalplan Küstenschutz ist mit dem Bund eine Beteiligung von rund 70 Prozent vereinbart, 30 Prozent zahlt die Hansestadt. Ob dieser Schlüssel auch für die Mehrkosten gilt, wird sich zeigen.
Zwischen den norddeutschen Küstenländern ist offenbar vereinbart, im Frühjahr 2018 bei der Bundesregierung einen gemeinsamen Vorstoß zu unternehmen, um dort mehr Geld für den Hochwasserschutz loszueisen. Ob diese Initiative von Erfolg gekrönt sein wird, steht in den Sternen. Zunächst mal muss der Senat in Vorleistung gehen.
Er wird deshalb voraussichtlich am Dienstag beschließen, für die in den Jahren 2018 bis 2021 anfallenden Zusatzkosten eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung zu beantragen. Dabei handelt es sich um einen Vorgriff auf künftige Etats, der vom Haushaltsgesetzgeber – also der Bürgerschaft – beschlossen werden muss.