Bremen denkt darüber nach, das Gelände der Verkehrsfliegerschule am Flughafendamm zu übernehmen. Der Senat hat auf seiner Sitzung am Dienstag die Wissenschaftssenatorin beauftragt, die Möglichkeit eines Kaufs auszuloten. Das rund drei Hektar große Areal böte Platz für einen weiteren Standort der Hochschule Bremen. Derzeit beherbergt es neben den Unterrichtsräumen der Fliegerschule inklusive Hörsaal noch ein Wohnheim, eine Sporthalle sowie einen Fußballplatz.
Die Lufthansa-Tochter Lufthansa Aviation Training GmbH als offizieller Eigentümer des Grundstücks plant einen Verkauf, nachdem die praktische Pilotenausbildung nach Rostock verlegt wurde. Ab Sommer dieses Jahres soll in Bremen nur noch der theoretische Unterricht mit einem Team freiberuflicher Dozenten stattfinden.
Die Idee des Kaufs durch die Stadt: In unmittelbarer Nähe zu den Standorten der Luft- und Raumfahrtindustrie könnte man die entsprechenden Studienfächer der Hochschule an einem Standort konzentrieren. Unter anderem bietet die Hochschule bereits jetzt in Kooperation mit Unternehmen wie Lufthansa Technik und Airbus internationale und duale Studiengänge in Luftfahrtsystemtechnik und -management an, bei denen die Studierenden während der Ausbildung mehrmals zwischen Hochschule und Unternehmen wechseln. Im Senatsbeschluss ist sogar weitergehend von allen "mobilitätsbezogenen Studiengängen" die Rede.
Rund 1300 Studenten sind schon am Flughafen
Nur 400 Meter Luftlinie von diesem neuen möglichen Standort entfernt, existiert bereits der sogenannte Flughafencampus der Hochschule Bremen. Er beherbergt das Zentrum für Informatik und Medientechnologie (Zimt) und damit zahlreiche weitere technische Studiengänge. Schon jetzt ist für die rund 1300 Studierenden der Fakultät Elektrotechnik und Informatik der Standort am Flughafen Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Insgesamt verteilen sich rund 8700 Studierende auf die bislang fünf Standorte der Hochschule.
Das Zimt gilt als ein wichtiger Faktor für das direkt angrenzende Gründerzentrum. Ein weiterer Hochschulstandort mit den ergänzenden Studienfächern aus der Luft- und Raumfahrt in unmittelbarer Nähe wäre aus Sicht des Wissenschaftsressorts eine optimale Ergänzung.
Skeptischer blickt dem Vernehmen nach das für die Stadtentwicklung zuständige Bauressort von Maike Schaefer (Grüne) auf die Perspektive am Flughafen. Hier gibt es die Befürchtung, dass so ein Vorhaben den anvisierten Innenstadt-Campus ausbremst.
Im Gespräch ist bereits seit einiger Zeit, dass bestimmte Uni-Fachbereiche, die nicht auf Labore, Großgeräte und Ähnliches angewiesen sind, unter anderem auf das ehemalige Sparkassengelände am Brill wechseln könnten. Als denkbare Größe gilt eine Zahl von rund 9000 Studenten (knapp die Hälfte aller an der Uni Eingeschriebenen) und etwa 1000 Mitarbeitern. Ergänzend dazu ist seit bereits zwei Jahren die Hochschule Bremen mit ihren Studiengängen im Pflege-, Gesundheits- und Therapiebereich in der Innenstadt am Brill im ehemaligen Wührmann-Gebäude präsent. Auf 4000 Quadratmetern entstand dort ein Skills- und Simulationszentrum mit Lehr- und Büroflächen unter anderem für die akademische Ausbildung von Hebammen.
Die Stadtentwickler versprechen sich von neuen akademischen Standorten in der Stadtmitte eine erhebliche Belebung der Innenstadt und auch des angrenzenden Viertels rund um die Faulenstraße. Sowohl Hochschule als auch Wissenschaftsressort versichern aber, dass ein weiterer Hochschulstandort am Flughafen völlig unabhängig von den Planungen für einen Innenstadt-Campus zu betrachten sei. Erst zum Jahresbeginn 2022 nahm die Hochschule Bremen am Brill zwei weitere Etagen in Betrieb.