Das Neun-Euro-Ticket wird nicht auf allen Nahverkehrsverbindungen gelten – das zumindest ist der Stand von Freitag. Das betrifft deutschlandweit sieben Strecken, darunter auch die Verbindung des Regionalexpresses RE 56 alle zwei Stunden von Bremen nach Norddeich Mole über Oldenburg und Emden. Der Hintergrund: Der Zug startet in Leipzig als Intercity und wird daher von der Sparte Fernverkehr der Deutschen Bahn (DB) betrieben. Zum Geltungsbereich des Neun-Euro-Tickets zählen aber nur die von der Nahverkehrssparte DB Regio betriebenen Züge.
Dass der Intercity nach Norddeich ab Bremen zu einem Regionalexpress wird, in dem Nahverkehrstickets gelten, beruht auf einer Sondervereinbarung zwischen der DB Fernverkehr mit dem Land Niedersachsen als Nahverkehrsträger. Dafür muss das Land eine zusätzliche Kompensation an die Bahn bezahlen. Ähnliche Konstellationen gelten unter anderem auch für die Strecken von Potsdam über Berlin nach Cottbus oder für die Fahrt von Erfurt nach Gera. "Weil diese Nahverkehre auf gesonderten Vereinbarungen mit der DB Fernverkehr beruhen, sind sie nicht automatisch Nahverkehr im Sinne des Neun-Euro-Tickets", erklärt ein Sprecher der Bahn auf Anfrage. In allen digitalen Fahrplanauskünften der Bahn werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Tickets hier nicht gelten, trotz der Kennzeichnung der Züge als Regionalexpress und damit als Nahverkehr.
Dabei sorgen weitere Details für zusätzliche Verwirrung: Das Verkehrsministerium in Niedersachsen weist nämlich darauf hin, dass Monatstickets im Abonnement, die zuvor die betroffenen Streckenabschnitte beinhaltet haben, davon ausgenommen seien. Diese Abo-Tickets werden im Aktionszeitraum von Juni bis August automatisch zum Neun-Euro-Ticket, ohne dass der Kunde dafür tätig werden muss.
Gespräche mit den Ländern
Ein Bahn-Sprecher lässt durchblicken, dass die Bahn selbst all diese Umstände für schwer vermittelbar hält. Er verweist auf laufende Gespräche seines Unternehmens mit den Ländern, damit die Neun-Euro-Tickets tatsächlich in allen Nahverkehrszügen gelten. "Wir würden auch den Kollegen bei den Fahrscheinkontrollen gerne die erwartbaren Diskussionen mit den Fahrgästen ersparen", heißt es dazu aus der Pressestelle. Doch ob es rechtzeitig vor dem 1. Juni zu flächendeckenden Vereinbarungen kommt, war am Freitag noch unklar. Nur für die Strecke von Stuttgart nach Konstanz am Bodensee, die sogenannte Gäubahn, vermeldeten Bahn und Baden-Württemberg bereits am Mittwoch die Gültigkeit des Neun-Euro-Tickets.
Das niedersächsische Verkehrsministerium sieht mit Blick auf die Fahrt von Bremen in Richtung Ostfriesland in erster Linie die Bahn in der Verantwortung. "In Fällen, in denen es bereits zwischen Ländern und DB Vereinbarungen zur Anerkennung von Nahverkehrstickets auf Fernverkehrsverbindungen gibt, ist die DB als hundertprozentiges Tochterunternehmen des Bundes in der Pflicht, durch die Anerkennung des Neun-Euro-Tickets zum Gelingen des vom Bund initiierten Projektes beizutragen", teilt Sprecher Florian Mosig auf Anfrage mit.
Laut Deutschlandfunk wurden alleine über die Digitalkanäle der Deutschen Bahn innerhalb von zwei Tagen mehr als eine Million dieser Tickets verkauft. Der Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen hat in den ersten 48 Stunden nach dem Verkaufsstart rund 16.000 digitale Neun-Euro-Tickets verkauft. Verkaufszahlen der anderen Vertriebskanäle vom Automaten bis zum Kiosk liegen bislang nicht vor.