Lange haben Politik und Verkehrsverbände darüber diskutiert, jetzt leuchtet es auf den Fahrkartenautomaten auf: Das Neun-Euro-Ticket ist da. Am Montag startete auch in Bremen und umzu offiziell der Vorverkauf. Digital waren die drei Karten für Juni, Juli und August schon etwas früher verfügbar. Mit ihnen lassen sich deutschlandweit Busse, Bahnen, U- und S-Bahnen sowie Regionalzüge nutzen. Wer per IC oder ICE schnell reisen möchte, muss weiterhin die höheren Preise zahlen.
Beim Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) war die Nachfrage per Fahrplaner-App und auf der Internetseite am Vormittag so groß, dass die Server den Dienst quittierten. "Für etwa eine Stunde war der Ticketkauf online nicht möglich. Wir haben das Problem aber schnell in den Griff bekommen", sagte VBN-Sprecher Eckhard Spliethoff. Bis 16 Uhr seien auf diesen digitalen Wegen 10.100 Karten verkauft worden.
"Vielleicht haben manche Menschen Angst, dass das Ticket irgendwann ausverkauft ist", vermutete Spliethoff. Diese Befürchtung ist aber unbegründet: Für das Neun-Euro-Ticket gibt es keine Kontingente. Um die zu erwartende große Nachfrage zum bundesweiten Start am Montag etwas zu reduzieren, hatte der VBN den Verkauf per Fahrplaner-App bereits am Freitag freigeschaltet. Laut Spliethoff kauften so bis Sonntag bereits rund 800 Kunden ihre Karte.
Abseits der digitalen Verkaufswege erlebte die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) auch in ihren Kundencentern ein großes Interesse. "Allein dort haben wir heute rund 1400 Karten verkauft", erklärte Sprecher Andreas Holling. Inklusive der Verkäufe an Kiosken seien über 1600 Neun-Euro-Tickets abgesetzt worden. Mit der Fahrplaner-App kommen 11.700 verkaufte Karten zusammen.
Die tatsächliche Zahl liegt für Bremen aber noch deutlich darüber. Eine Auswertung der Automatenverkäufe lag laut BSAG-Sprecher Holling am ersten Verkaufstag nämlich noch nicht vor. Und auch die Deutsche Bahn verkauft auf ihren Vertriebswegen – digital und analog. Deutschlandweit verkaufte die Bahn allein bis zum Mittag über 200.000 Tickets. In den ersten Stunden des Verkaufs kam es im Buchungssystem zu Wartezeiten.

Karin Wolff besitzt ein Mia-Abo-Ticket und hat das Neun-Euro-Ticket deshalb vergebens gekauft.
Im Bremer Hauptbahnhof zeigte sich am Montag, dass es auch zu irrtümlichen Käufen gekommen ist. Denn wer bereits über ein monatliches Abonnement wie Mia-, Job- oder Azubi-Ticket verfügt, muss sich keinen Fahrschein zum Sondertarif zusätzlich kaufen. Die bestehende Karte können die Besitzer von Juni bis August deutschlandweit wie ein Neun-Euro-Ticket einsetzen. Die Verkehrsbetriebe reduzieren ihre monatlichen Kontoabbuchungen auf diesen Betrag. Auch das Semesterticket von Studenten "verwandelt" sich im Sommer zum Neun-Euro-Ticket. Unklar ist noch, wie VBN und Hochschulen die Teil-Rückerstattung des Semesterbeitrags organisieren können.

Izzat Zayniddinov will mit dem günstigen Tarif bis nach Berlin und München reisen.
Überrascht war darüber Izzat Zayniddinov. Er ist an der Universität Bremen eingeschrieben, gab im Hauptbahnhof aber trotzdem neun Euro aus. "Dann bekommt das Ticket meine Freundin, die hat kein Semesterticket", sagte er. Der Sondertarif ist für ihn die ideale Gelegenheit, um in Deutschland zu reisen. "Ich will nach München und Berlin. Diese einmalige Chance muss man nutzen", sagte der Student. Allerdings habe er sich noch nicht erkundigt, wie lange die Fahrtzeit mit Regionalzügen ist, um derartige Entfernungen zurückzulegen. "Wenn es so günstig ist, ist es für mich kein Problem, wenn es länger dauert", betonte Zayniddinov.
Auch Karin Wolff gab im Bahnhof vergeblich neun Euro aus. Denn sie hat ein Mia-Abo-Ticket der BSAG. "Dann muss ich mich wohl erkundigen, ob ein Umtausch möglich ist", sagte sie. Wolff will den günstigen Tarif im Juni nutzen, um ihren Bruder in der thüringischen Stadt Gera zu besuchen. Gemeinsam soll die Reise dann weiter nach Leipzig gehen. "Ich habe gleich zwei Tickets gekauft, auch für meinen Bruder. So sind wir auf der sicheren Seite", sagte Wolff. Vor ihrem Gang zum Fahrkartenautomaten erkundigte sie sich beim Service-Schalter der Deutschen Bahn. "Die Auskunft war sehr freundlich. Von meinem Mia-Ticket konnten sie dort ja nichts wissen", so Wolff.

Fabian Söllinger hat das Ticket auf seiner DB-App.
Ohne einen derartigen "Aha-Moment" blieb der Verkaufsstart für Fabian Söllinger. "Ich habe mir das Ticket mit meiner DB-App gekauft und per Paypal bezahlt. Das lief komplett problemlos", sagte er. Der Auszubildende will in den drei Monaten öfter seinen Bruder besuchen. "Ich habe einen Führerschein und kann das Auto meiner Mutter nutzen. Bei den aktuellen Spritpreisen ist das für mich aber keine Option", erklärte Söllinger.