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Ein Leben mit ALS Neurologen verbünden sich im Kampf gegen ALS

Um ALS-Patienten, wie Tobias Laatz, schneller zu behandeln, beraten sich Neurologen wie Susanne Petri aus ganz Deutschland. Sie wollen besser verstehen, wie Muskeln im Körper aktiviert werden.
23.06.2018, 19:15 Uhr
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Neurologen verbünden sich im Kampf gegen ALS
Von Christian Weth

Einmal in der Woche sitzt Susanne Petri am Telefon und konferiert. Zugeschaltet sind Ärzte aus der ganzen Republik. Viele von ihnen sind Neurologen wie Petri. Und alle behandeln nicht nur Patienten, sondern forschen wie sie. Ihr Spezialgebiet sind Nervenzellen im Gehirn, die dafür verantwortlich sind, dass Muskeln im Körper aktiviert werden. Eigentlich. Petri und die anderen Mediziner wollen herausfinden, warum das bei Menschen wie Tobias Laatz nicht funktioniert. Sie bilden ein Bündnis, das Wissen über die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) teilt – in der Hoffnung, dass die Krankheit auf diese Weise schneller behandelbar wird.

Die Ärzte, mit denen Susanne Petri spricht, arbeiten in Ludwigshafen genauso wie in Göttingen. In Bochum wie in Berlin. In Mannheim wie in Jena. Überall, wo Kliniken besondere Zentren eingerichtet haben: ALS-Ambulanzen. Petri kommt auf 21 Krankenhäuser, die solche Anlaufstellen mittlerweile haben – die Medizinische Hochschule in Hannover, ihr Arbeitsplatz, mitgerechnet. Petri, 45, geschäftsführende Oberärztin, leitet dort das neuromuskuläre Zentrum. Seit sechs Jahren, seitdem die Ärzte-Allianz besteht, gehört sie ihr an. Auch wenn es ein bundesdeutsches Netzwerk ist, hat es einen englischen Namen: Motor-Neuron-Disease-Net. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.

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Petri und ihre Kollegen tauschen sich aus, damit jeder von ihnen weiß, wie der andere arbeitet und woran. „Alle klinischen Studien“, sagt sie, „werden quasi vorab angekündigt.“ Petri ist sowohl über Versuchsverfahren der Neurologischen Universitätsklinik in Ulm informiert als auch über die Grundlagenforschung an der Charité in Berlin. Sie kennt die Präparate, die an Patienten getestet wurden und demnächst getestet werden. Und sie bekommt Zwischen- beziehungsweise Endergebnisse von Untersuchungen, die gerade laufen oder gerade beendet wurden. Nach ihren Worten gibt es keinen Wettbewerb der Kliniken, sondern ausschließlich ein gemeinsames Ziel: mehr über ALS zu erfahren, damit mehr Menschen geholfen werden kann.

Dass Kliniken zusammenarbeiten, ist nicht neu. Einzigartig, sagen Mediziner, ist dieses Bündnis trotzdem. Nirgendwo sind so viele Daten von Menschen mit ALS gesammelt worden wie in Deutschland. Susanne Petri hat in der elektronischen Kartei nachgeschaut. Mitte Mai waren exakt 3919 Patienten in den ALS-Ambulanzen registriert. Und alle Ärzte der Allianz haben Zugriff auf diese Daten. Und auf Blut- und Gewebe eines jeden einzelnen Betroffenen. Beides ist wichtig für neue Testreihen und -verfahren. Je mehr Proben es gibt, desto besser für die Forschung. Petri sagt, dass die Wissenschaftler in den Kliniken nur so an mehreren Studien gleichzeitig arbeiten können.

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Später wird sie wieder am Telefon sitzen. Dann sind keine Mediziner in der Leitung, sondern Betroffene und Angehörige. Petri hat ALS-Sprechstunde. Sie und ihr Team versuchen alles zu beantworten, was die Anrufer wissen wollen. Sie haben Fragen zur Diagnose, zur Therapie, zu den Leistungen der Kranken- und Pflegekassen. Und immer wieder auch zur Forschung und was getan werden muss, um sie zu unterstützen.

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