Erst fielen die Regio-S-Bahn-Züge aus, dann der sogenannte Abfahrtsmonitor auf der Homepage der Nordwestbahn. Wer wissen wollte, ob er mit Zugabfahrten in Vegesack rechnen konnte, erfuhr, dass „aktuell keine Auskunft möglich“ sei. Wer seine imaginäre Reise in Farge begann, konnte erleichtert feststellen, dass es am Montag offenbar keine Probleme auf der Linie RS 1 gab.
Dies war der erste Tag, an dem die Nordwestbahn (NWB) ihr „Kuppelkonzept“ aussetzte, um so vier bis fünf Lokführer mehr im Fahrdienst einsetzen zu können, die bislang zeitaufwendig Züge verlängert und verkürzt hatten. Die Folge ist allerdings, dass die S-Bahnzüge wesentlich kürzer sind und viel weniger Platz bieten. Erste Erfahrungen – aus Sicht der NWB – lauteten am Nachmittag, „dass die Züge insbesondere im Berufsverkehr voll sind, allerdings nach unserer Kenntnis niemand zurückbleiben musste“.
Nach wochenlangen Zugausfällen, die auf den eklatanten und vor allem anhaltenden Mangel an Triebfahrzeugführern zurückgeführt werden, hatte sich die Kritik verschärft, das Bahnunternehmen erfülle seine Auftragsverpflichtungen nicht. Die heruntergefahrene Kapazität ist zwar auch nicht vertragskonform, soll aber als „Sofortmaßnahme“ helfen, den größten der Schäden für die Kundschaft zu heilen: Zugausfälle. „Weniger ist mehr, jedenfalls besser als gar nicht“, könnte die Parole lauten.
Zwischen Bremen und Vegesack können zwei aneinandergekuppelte Züge mit einer Gesamtlänge von 148 Metern vekehren, die Bahnsteige geben es her. Nicht so zwischen Vegesack und Farge, wo schon bisher nur der 88 Meter lange Teil des Doppelzuges (308 Steh- und 297 Sitzplätze) fuhr. Ab Vegesack in Richtung Bremen fallen nun seit Montag mit dem 60 Meter langen zweiten Zugteil 206 Steh- und 187 Sitzplätze weg.
Manche Kunden verlangen Entschädigung
Zwischenzeitlich hat eine ganze Reihe Zuschriften den WESER-KURIER erreicht, in denen Regio-S-Bahn-Kunden ihren Unmut über die Missstände kundtun. Bereits Ende vergangener Woche – als die Züge noch lang waren, aber häufig ausfielen – hatte eine Bremen-Pendlerin aus Vegesack festgestellt, dass die RS 1 bereits in Schönebeck „schon überfüllt“ sei. Dass auch die Homepage der Nordwestbahn nicht zuverlässig über Ausfälle informiere und es Probleme gebe, wie ein Regio-S-Bahn-Reisender bemängelt, räumt NWB-Sprecher Steffen Högemann ein: „Wir arbeiten an einer Lösung.“
Andere, wie ein Oldenburger NWB-Kunde, verlangen ganz einfach eine Entschädigung: „Ich kann mir vorstellen, dass ich dafür ein Dankesschreiben und vielleicht einen Gutschein für einige Fahrten zwischen Oldenburg und Bremen erhalte“, schreibt der Mann. Nach einem Zugausfall bei Wüsting, vergangene Woche, hatte er abends ein Großraumtaxi für sich und Mitreisende in Hude organisiert und die Kosten von 35 Euro inklusive Trinkgeld verauslagt. Nachdem „Personen im Gleis“ den Ausfall verursacht hätten, seien weder bei der NWB-Zugbegleiterin noch am Schalter der Deutschen Bahn in Oldenburg Taxigutscheine beziehungsweise eine Kostenerstattung zu bekommen gewesen.
Letztlich hat die nicht ganz unkomplizierte Regelung in solchen Fällen den Leidtragenden nach eigener Auffassung „in eine missliche und schadenersatzpflichtige Lage“ gebracht. Er regt außer der Überweisung des Betrages an, eine Handkasse einzuführen, aus der Fahrgäste „auf kurzem Wege“ entschädigt werden könnten. Im Übrigen, schreibt der Oldenburger der Nordwestbahn, machten deren Mitarbeiter aus seiner Sicht „insgesamt einen sehr guten Job“.
„Die Zahl der Anfragen hält sich auf normalem Niveau“, sagt Steffen Högemann nach Rücksprache beim NWB-Kundencenter. Dort werde auch die Rückforderung von 44 Euro an Parkhauskosten geprüft, die ein verhinderter NWB-Reisender geltend macht: Nachdem seine RS 1 in St. Magnus ohne Vorwarnung ausgefallen sei, habe er flugs sein Auto geholt und sei damit nach Bremen und ins Parkhaus gefahren, um den reservierten Fernzug nach Dresden zu erwischen, wo das Hotel bereits gebucht und die Theaterkarten bezahlt gewesen seien.